Aktueller Stand der Qualitätsdiskussion
Die Qualitätsentwicklung ist ein zentrales Thema in der Vormundschaft. Sie berührt verschiedene Themen – Beteiligung, Kontaktgestaltung, ehrenamtliche Vormundschaft usw. Da die Themen sich vielfach überschneiden, werden die vorliegenden konzeptionellen Papiere hier danach geordnet, auf welcher der verschiedenen Ebenen sie diskutiert und veröffentlicht wurden: Bundesebene, Länderebene und auf lokaler Ebene bzw. in konzeptionellen Papieren einzelner Expert*innen. Good practice Beispiele für Kooperationsvereinbarungen zwischen Diensten im Jugendamt, Kooperationsvereinbarungen mit Einrichtungen und Vereinbarungen mit Erziehungperesonen sowie weitere Konzeptionen einzelner Amtsvormundschaften finden sich zudem auf der Seite „Materialien aus der Praxis“.
Im Bundesforum wurden die vorhandenen Dokumente aus diesen Bereichen überwiegend ab dem Jahr 2011 (Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts) zusammengetragen. Einzelne wichtige Dokumente, insbesondere die Dresdner Erklärung sind älter. Sie werden an dieser Stelle zur Anregung weiterer Fachdiskussionen veröffentlicht.
1. Dresdner Thesen als Ausgangspunkt der Diskussion
Die unter dem Begriff Dresdner Thesen bekannt gewordene Dresdner Erklärung geht auf eine von der Amtsvormundschaft organisierte Tagung zurück und bildet den Ausgangspunkt der Diskussion um Qualitätsentwicklung in der – zahlenmäßig in Deutschland – dominanten Amtsvormundschaft und hält Grundsätze fest, die auch für jede andere Vormundschaft gelten sollten. Gefordert wird v.a. eine persönliche Beziehung zwischen Vormund*in und Kind/Jugendlichem, auf der die Übernahme der Sorge-Verantwortung erst möglich wird. Die 2011 und 2023 in Kraft tretenden Reformen des Vormundschaftsrechts knüpfen an den Dresdner Thesen an.
2. Qualitätsentwicklung: Grundlagenaufsatz
- Joachim Merchel (2021): Qualitätsentwicklung in der Vormundschaft. In: Wedermann, Stefan/Katzenstein, Henriette/Kauermann-Walter, Jacqueline/Lohse, Katharina/Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft (Hrsg.): Vormundschaft. Sozialpädagogischer Auftrag – Rechtliche Rahmung – Ausgestaltung in der Praxis.
Stichworte: Grundlagenaufsatz
Der Aufsatz beschreibt eine Qualitätsentwicklung in der institutionellen Vormundschaft auf der Grundlage kontinuierlicher (Selbst)-Überprüfung der Qualität der Arbeit in einer Organisation sowie der Entwicklung von Verfahren zur Weiterentwicklung. Der Aufsatz zeigt auf, dass es dabei nicht um Standardisierung gehen muss. Stattdessen werden dialogische und reflexive Vorgehenswesen vorgeschlagen.
3. Qualitätsdiskussionen auf Bundesebene
- Kompetenzzentrum Pflegekinder (2019): Ehrenamtliche Einzelvormundschaft qualifizieren.
Stichworte: ehrenamtliche Vormundschaft
Die kompakte Arbeitshilfe gibt Impulse, wie die ehrenamtliche Vormundschaft strukturiert und systematisch auf institutioneller Ebene gefördert werden kann. In neun Schritten werden die einzelnen Phasen – von der Zieldefinition über die Suche nach Ehrenamtlichen und deren Schulung bis hin zum Abschluss einer Vormundschaft mit praxisnahen Tipps und Reflexionsfragen aufgearbeitet.
- Institut für Sozialplanung und Organisationsentwicklung (2017): Qualitäts-Handbuch für Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften.
Stichworte: Verfahrensabläufe
In dem Dokument werden die einzelnen Verfahrensschritte während einer Amtsvormundschaft/-pflegschaft grafisch mithilfe von Flussdiagrammen dargestellt. Tabellarisch werden zudem die Ziele und dazugehörigen Aufgaben definiert, die Beteiligten und Kooperationspartner*innen aufgeführt sowie der Zeitbedarf kalkuliert.
- Sozialdienst katholischer Frauen (2014): Pflegeeltern als Vormund.
Stichworte: Pflegeeltern-Vormundschaft
In dem Arbeitspapier werden neun Voraussetzungen für die Übernahme einer Vormundschaft durch Pflegeeltern formuliert.
- Deutscher Verein (2012): Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Umsetzung der Neuregelungen des Vormundschaftsrechts.
Stichworte: Reform 2011, Rolle, Kooperation
In dem Grundlagenpapier werden die Aufgaben und die Rolle von Vormund*innen entlang einer feinen Gliederung herausgearbeitet. Das Dokument zielt darauf ab, die rechtlichen Neuerungen im Kontext der Vormundschaftsreform 2011 mit fachlicher Qualität zu füllen, wobei auch und insbesondere Kooperationsaufgaben im Blick sind.
- Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (2011): Erste Hinweise zur Umsetzung des Gesetzes zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts.
Stichworte: Fallzahl, Kontaktgestaltung, Anhörung des Kindes, Kooperation mit dem Familiengericht
Die Hinweise setzen sich mit der Umsetzung der Reform von 2011 auseinander. Dabei geht es um Aspekte, wie die Fallzahl 50 zu verstehen sei, wie das Kind vor Übertragung einer Vormundschaft auf eine Fachkraft im Jugendamt beteiligt werden kann und wie die Anzahl der Kontakte sowie die Kontaktgestaltung zu verstehen ist.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (2005): Arbeits- und Orientierungshilfe für den Bereich Amtsvormundschaften und -pflegschaften.
Stichworte: Grundlagenpapier
Die Orientierungshilfe führt in die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen von Vormundschaften und Pflegschaften ein. In kurzer und prägnanter, teils stichpunktartiger Form wird ein Überblick über die Aufgaben und deren Wahrnehmung gegeben, wobei Beteiligung und Kooperation als zentrale Elemente der Qualitätsentwicklung herausgearbeitet werden.
Hinweis: Die vor den Vormundschaftsreformen erstellten Empfehlungen der BAGLJÄ werden derzeit überarbeitet. In Kürze ist eine aktualisierte Neuveröffentlichung zu erwarten.
4. Qualitätsdiskussionen auf Länderebene
Baden Württemberg
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2024): Eine Aufgabenbeschreibung zur Entwicklung von neuen Perspektiven der Aufgabenwahrnehmung durch den Amtsvormund / die Amtsvormundin bzw. den Amtspfleger / die Amtspflegerin.
Stichworte: Grundlagenpapier, Aufgabenbeschreibung Amtsvormundschaften, ehrenamtliche Vormundschaft, Reform 2023
Vor dem Hintergrund der Reform 2023 werden in diesem Papier die Aufgaben der Amtsvormundschaft weiterentwickelt und insbesondere das Verhältnis zur ehrenamtlichen Vormundschaft sowie die Subjektstellung, Beteiligung und Mitsprache von Kindern und Jugendlichen herausgearbeitet.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2022): Orientierungshilfe zur Personalbemessung im Jugendamt für den Bereich der Förderung ehrenamtlich geführter Einzelvormundschaften unter besonderer Berücksichtigung des neuen Vormundschaftsrechts.
Stichworte: Personalbemessung, ehrenamtliche Vormundschaft, Reform 2023
Die Orientierungshilfe setzt sich detailliert mit dem Personalbedarf im Zusammenhang mit der Förderung der ehrenamtlichen Vormundschaft auseinander. Ihr ist als Anlage ein Instrument zur Berechnung beigefügt.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2021): Orientierungshilfe zur Umsetzung des neuen Vormundschaftsrechts in den Bereichen Zusammenarbeit des Vormunds mit weiteren Beteiligten und der Organisation im Jugendamt.
Stichworte: Reform 2023, Kooperation
Die rechtlichen Änderungen für vormundschaftliche Prozesse, die in Kooperation mit weiteren Beteiligten ablaufen, werden in dieser Orientierungshilfe systematisch aufgeschlüsselt und entsprechende Zuständigkeiten geklärt.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2021): Überlegungen zum neuen Vormundschaftsrecht.
Stichworte: Reform 2023
Das Papier widmet sich vier Punkten: 1. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, 2. zusätzlicher Pfleger und Sorgeteilung mit Pflegeeltern im Kontext der ehrenamtlichen Vormundschaft, 3. Auskunft und Umgangs mit Eltern und Vertrauenspersonen und 4. Verhältnis zwischen Vormund*in und Erziehungsperson. In diesem Sinne werden die rechtlichen Neuerungen fachlich eingeordnet und konkretisiert.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2013): Hinweise und Empfehlungen zur Abgabe/Übernahme von Amtsvormundschaften und Pflegschaften
Stichworte: Wechsel der Vormundschaft in ein anderes Jugendamt
In der Arbeitshilfe wird das Verfahren bei der Übergabe einer gesetzlichen oder bestellten Amtsvormundschaft/-pflegschaft von einem Jugendamt an ein anderes unter Einbezug der Beteiligten dargestellt. Dabei werden auch Hinweise dazu gegeben, unter welchen Umständen eine Übergabe nicht erfolgen sollte. Der Fließtext wird abschließend komprimiert in einer Tabelle zusammengefasst.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2013): Pflegeeltern als Vormünder oder Pfleger.
Stichworte: Pflegeeltern-Vormundschaft
Die Arbeitshilfe führt in das Thema Vormundschaft durch Pflegeeltern ein und gibt stichwortartig einen Überblick über die generellen Aspekte, die Voraussetzungen für die Übernahme einer Vormundschaft darstellen, sowie über die besonderen Aspekte, die für und gegen eine Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern sprechen.
- Landesarbeitsgruppe Amtsvormundschaften / Amtspflegschaften Baden-Württemberg (2011): Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften.
Stichworte: Grundlagenpapier
In dem gut gegliederten Dokument werden die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Vormundschaft dargestellt. Zentrale Aufgaben in der Praxis des vormundschaftlichen Handelns sind die Kooperation und Beteiligung.
Bayern
- Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (2016): Personalbemessung der örtlichen Träger der Jugendhilfe in Bayern. Evaluiertes Handbuch.
Stichworte: Personalbemessung, Verfahrensabläufe
Das umfangreiche Handbuch stellt eine Grundlage zur Personalbemessung in Jugendämtern dar. Auf deskriptiver Basis werden die Kernprozesse der Sozialen Dienste grafisch mithilfe von Flussdiagrammen herausgearbeitet und tabellarisch erläutert. Aus der Umwandlung der Aufgaben in Zeitbudgets sowie Addition weiterer Aufgaben (z.B. Dienstbesprechungen) lässt sich sodann der Personalbedarf berechnen.
Brandenburg
- Arbeitskreis Vormundschaften des Landes Brandenburg (2012): Leitlinien zur Qualitätsentwicklung in der Vormundschaft
Stichworte: Leitlinien
Das Dokument postuliert in 24 Thesen Leitlinien, die für eine Vormundschaft zum Wohl der jungen Menschen bedeutsam sind. Dazu gehören die Qualifikation und Unabhängigkeit des Vormunds*der Vormundin sowie ein respektvoller Umgang und Einbezug der jungen Menschen und ihrer Bezugspersonen.
Nordrhein-Westfalen
- Freie Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen (2019): Für ein vielfältiges Vormundschaftswesen! – Stärkung der Vereins- und der ehrenamtlichen Vormundschaft.
Stichworte: ehrenamtliche Vormundschaft, Vereinsvormundschaft
In dem Positionspapier werden Forderungen herausgearbeitet, wie junge Menschen durch Vormundschaften noch gelingender unterstützt und begleitet werden können. Dabei spielt die Förderung eines vielfältigen Vormundschaftswesens und in diesem Sinne die Stärkung von Vormundschaftsvereinen und ehrenamtlicher Vormundschaft eine wichtige Rolle.
- LVR Landesjugendamt Rheinland/LWL Landesjugendamt Westfalen (2017): Handreichung zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen.
Stichworte: Flucht, Leaving Care
Die Handreichung führt in den Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ein. Neben der Darstellung der rechtlichen Regelungen auf der Bundes-, Landes und internationaler Ebene und gibt ein Handlungsleitfaden einen Überblick über die verschiedenen Aufgaben im Rahmen der Zuständigkeit von Jugendhilfe. Herausgearbeitet wird auch die Rolle der Vormundschaft als den jungen Menschen stärkend und begleitend – auch am Übergang in die Selbständigkeit.
- LVR Landesjugendamt Rheinland/LWL Landesjugendamt Westfalen (2013): Qualitätsstandards für Vormünder.
Stichworte: Grundlagenpapier, ehrenamtliche Vormundschaft
Diese Broschüre fasst acht Arbeits- und Orientierungshilfen aus dem Bereich Vormundschaft zusammen. Die Themenbereiche werden in detaillierter Form dargestellt und Impulse zur fachlichen Weiterentwicklung gegeben. Dazu gehören die Amtsvormundschaft, ehrenamtliche Vormundschaft, Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit.
Hinweis: Dieses Dokument wird derzeit überarbeitet und wird nach Neu-Veröffentlichung auch hier vorgestellt.
Niedersachsen/Bremen
5. Konzeptionelle Papier auf lokaler Ebene
- Stadt Herzogenrath (2021): Herzogerather Blick. Konzeption der Amtsvormundschaft beim Jugendamt der Stadt Herzogenrath.
Stichworte: Konzeption, Leitlinien, Grundlagenpapier
In der Konzeption beschreibt die Herzogenrather Amtsvormundschaft ihre Entwicklung seit der Vormundschaftsreform 2011 von einer verwaltenden Amtsvormundschaft hin zu einer parteilichen zum Wohl des Kindes. In fünf Thesen wird das vormundschaftliche Handeln konzeptioniert und ausführlich auch anhand konkreter Beispiele erläutert. Dargestellt werden zudem organisatorische Rahmenbedingungen sowie konkrete Aufgaben entlang von Wirkungskreisen.
- Stadt Paderborn (2013): Konzept zur Führung von Vormundschaften und Pflegschaften im Kreis Paderborn.
Stichworte: Konzeption, ehrenamtliche Vormundschaft, Vereinsvormundschaft, Berufsvormundschaft
Die Konzeption gibt einen Überblick über die Führung von Vormundschaften im Kreis Paderborn. In knappen, teils stichwortartigen Zusammenstellungen werden der rechtliche Rahmen, die Ziele, die Führung und die Qualitätsentwicklung dargestellt. Dabei ist nicht nur die Amtsvormundschaft im Blick, sondern alle Formen der Vormundschaft.
- Stadt Mannheim (2012): Häufigkeit der Besuchskontakte.
Stichworte: Kontakthäufigkeit
Die Amtsverfügung enthält einen Kriterienkatalog, in welchen Fällen von der gesetzlichen Regelung des monatlichen Kontakts mit dem jungen Menschen abgewichen werden kann und sowohl seltenere als auch häufigere Besuche angezeigt sind.