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Leaving Care

Übergänge von jungen Volljährigen gestalten

Im Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e. V. wird seit einiger Zeit eine lebhafte Diskussion dazu geführt, wie Vormund*innen den Übergang in die Volljährigkeit vorbereiten, mitgestalten und eventuell auch begleiten könnten. Vormundschaft bricht mit dem 18. Lebensjahr und dem formalen „Erwachsensein“ abrupt ab. Wie Eltern und Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe wissen, ist das Erwachsenwerden aber in der Wirklichkeit ein langsamer Prozess. Der Unterstützungsbedarf der jungen Menschen durch Erwachsene zieht sich noch weit ins nächste Lebensjahrzehnt und kann erheblich schwanken.

Im Folgenden finden Sie Hinweise und Materialien, die Vormund*innen dabei unterstützen können, junge Menschen auf die Zeit nach dem 18. Geburtstag vorzubereiten.

1. Angebote des Careleaver e. V.

Notfallfonds

Der Careleaver e. V. unterstützt junge Menschen ab 16 Jahren aus der Jugendhilfe und darüber hinaus mit seinem Notfallfonds. Mithilfe des Notfallfonds werden auf Antrag Kosten übernommen, die zum Beispiel das Jugendamt oder das Jobcenter nicht übernehmen.

Netzwerktreffen

Zweimal im Jahr bietet der Careleaver e. V. ein Netzwerktreffen an, damit Menschen ab 16 Jahren, die noch in einer Pflegefamilie oder Wohngruppe leben oder diese bereits verlassen haben, ein soziales Netzwerk haben, das den Austausch fördert sowie Unterstützung und Beratung bietet. Sämtliche Kosten für die Teilnahme werden übernommen.

Informationen zur Kostenheranziehung

Junge Volljährige, die Hilfen nach § 41 SGB VIII bekommen, sind heute noch häufig davon betroffen, dass Ihnen ein Großteil des Einkommens zur Kostenheranziehung entzogen wird. Das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Kostenheranziehung beschäftigt und hält auf seiner Seite Vorlagen für Widersprüche, einen Kostenbeitragsrechner und Infobroschüren und Rechtsgutachten vor.

2. Unterstützung im Übergang

Wohnführerschein

Träger wie JaKuS gGmbH in Berlin oder das Jugendamt Stuttgart bieten jungen Menschen am Übergang in die Selbstständigkeit sogenannte Wohnführerschein-Kurse an, um sie auf das Leben in den eigenen vier Wänden vorzubereiten. Sie erhalten Informationen zum Mietrecht und Fachbegriffen im Mietrecht. Sie lernen, worauf sie bei einer Besichtigung achten sollten und was ein Mietvertrag beinhalten sollte. Zusätzlich lernen die Teilnehmenden aber auch ganz praktische Dinge wie zum Beispiel den Umgang mit einer Bohrmaschine. Ziel der Kurse ist es, den jungen Menschen Informationen und Fähigkeiten an die Hand zu geben, die sie nach der Jugendhilfe benötigen. Denn einige Fragen stellen sich den jungen Volljährigen oft erst im Nachhinein. Interessierte Personen, die den Kurs bei sich anbieten möchten, finden auf der Seite des Wohnführerscheines eine Möglichkeit, sich für sogenannte Multiplikator*innenschulungen anzumelden.

Seminare und Kalender von Klückskinder

Klückskinder ist eine Organisation, die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bei ihrer Perspektivplanung unterstützt und auch über die Jugendhilfe hinaus mithilfe eines Mentorings begleitet. Der Mutmacher-Kalender gehört zu ihren Highlights. Jeden Monat berichtet ein Careleaver im Kalender von seinen Erfahrungen in der Jugendhilfe und seiner Zeit danach. Hierdurch motivieren die Klückskinder junge Menschen aus der Jugendhilfe, ihren Träumen nachzugehen und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Der Kalender eignet sich auch gut, um als Vormund*in mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, – auch über Wünsche und Pläne für die Zukunft. Ideen für die Arbeit mit dem Kalender finden Sie hier.

Durchblick-Broschüre

Die Broschüre von der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen und der Universität Hildesheim informiert Careleaver in leichter Sprache insbesondere zu den Themen Schule, Ausbildung, Finanzierung und Wohnen. Zu der Broschüre gibt es auch eine Website, die junge Menschen mit dem Handy besuchen können.

3. Praxishilfen für Vormund*innen

Junge Geflüchtete beim Übergang ins Erwachsenenleben begleiten
Broschüre des Kompetenzzenrums Pflegekinder

Im  Rahmen  des  Projekts  „Gewinnung  ehrenamtlicher Vormundschaften – Eine Chance für unbegleitete minderjährige  Flüchtlinge“ wurde diese Orientierungshilfe vom Kompetenzzentrum Pflegekinder mit weiterführenden Hinweisen zum Careleaver-Diskurs, zu jungen Geflüchteten und zur ehrenamtlichen Vormundschaft (siehe S. 18 f.) erstellt. Auf den Seiten 12 ff. finden Sie einen Beitrag von Dr. Miriam Fritsche mit dem Titel „Auch junge Geflüchtete sind Careleaver“.

18 und jetzt? Pflegekinder werden erwachsen vom Stadtjugendamt München

Im Pflegeelternrundbrief des Stadtjugendamtes München berichten Pflegekinder und ihre Pflegeeltern von der Zeit hin zur Volljährigkeit und wie sich der Übergang ins Erwachsenenleben gestaltete. Sie haben aufgeschrieben, wie sie die Zeit des Übergangs erlebt haben und was in schweren Zeiten unterstützend für sie war.

Wer sich intensiver mit der Materie beschäftigen möchte, dem empfehlen wir die qualitative Studie von Dr. Carolin Ehlke (2020): Care Leaver aus Pflegefamilien. Die Bewältigung des Übergangs aus der Vollzeitpflege in ein eigenverantwortliches Leben aus Sicht der jungen Menschen. Die qualitative Studie gibt einen Einblick in das Bewältigungshandeln von Care Leavern aus Pflegefamilien und in die von ihnen erfahrene soziale Unterstützung während des Übergangs in ein eigenverantwortliches Leben. Es wurden sieben junge Menschen interviewt, die retrospektiv auf ihren Leaving-Care-Prozess blicken und beschreiben, wie sie diesen bewältigt und welche soziale Unterstützung sie dabei erfahren haben.

Rechtshilfefonds (BumF)

Gerade im Übergang ins Erwachsenenalter zeigt sich, dass junge Geflüchtete mit zusätzlichen Hürden zu kämpfen haben und sich Fragen bzgl. Aufenthaltsstatus und Familienzusammenführung neu stellen. Der BumF-Rechtshilfefonds wurde eingerichtet, um jungen Geflüchteten zu ihrem Recht zu verhelfen. Durch den Rechtshilfefonds wird sowohl einzelnen jungen Menschen durch die Übernahme von Anwaltskosten geholfen als auch Grundsatzurteile erwirkt, die vielen jungen Menschen zugutekommen.

Leitfaden zu geflüchteten jungen Volljährigen im Übergang (BumF)

Der BumF-Leitfaden verdeutlicht die unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen junger Geflüchteter im Übergang in ein eigenverantwortliches Leben. Rechtliche Fallstricke und Herausforderungen werden aufgezeigt und Möglichkeiten sowie konkrete Handlungsspielräume eröffnet, um für alle Beteiligten größtmögliche Handlungssicherheit herzustellen und die Rechte der jungen Geflüchteten zur Geltung zu bringen.

Checkliste für den Übergang (von Jugendhilfe) zum selbstständigen Leben (BumF)

Mithilfe der Checkliste können (ehrenamtliche) Vormund*innen gemeinsam mit jungen Geflüchteten den Übergang aus der Jugendhilfe planen. Im Vordergrund stehen Fragen bezüglich des Aufenthaltes, weiterer Hilfen für junge Volljährige und Finanzierungsmöglichkeiten über die Jugendhilfe hinaus (z. B. ALG, BAföG, BAB). Zusätzlich wird auf Fragen zur Krankenversicherung und zur Wohnsituation hingewiesen, die mit Beginn der Volljährigkeit geklärt werden sollten.

Arbeitshilfe zur Beantragung von Hilfen für junge Volljährige (BumF)

Die Arbeitshilfe des Bundesfachverbandes unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) informiert über Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII und ist insbesondere für ehrenamtliche Vormund*innen empfehlenswert, die mit den Hilfen im SGB VIII noch nicht vertraut sind.

Miniila App mit Informationen für junge Geflüchtete ab 18 Jahren (BumF)

Missing Children Europe hat mit Unterstützung des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) die Miniila App erstellt, die hilfreiche Informationen zu unterschiedlichen Themen für unbegleitete Minderjährige in ganz Europa zur Verfügung stellt. Es stehen auch Informationen zur Vormundschaft und Hilfen für junge Volljährige mit entsprechenden Kontaktpersonen zur Verfügung. Die App ist in den Sprachen Englisch, Französisch, Arabisch, Farsi und Tigrinya erhältlich.

4. Selbstorganisation und Ehrenamt junger Menschen stärken

Für Jugendliche und junge Menschen am Übergang in die Volljährigkeit stellen Selbstorganisationen und ehrenamtliches Engagement eine Möglichkeit dar, in die Selbstständigkeit hineinzuwachsen. Außerdem fördern die Kontakte, die sie dabei schließen, ihre Unterstützungsnetzwerke, auf die sie in der Volljährigkeit häufig zurückgreifen können.

Wir stellen Ihnen hier einige Möglichkeiten dar, die sich direkt an junge Menschen richten, die in der Kinder- und Jugendhilfe aufwachsen oder aufgewachsen sind. Denken Sie aber auch an andere Angebote, die sich an alle jungen Menschen richten. Im Newsletter des Bundesforums stellen wir immer wieder mal solche Angebote vor.

Selbstvertretungen in den Hilfen zur Erziehung

In den Hilfen zur Erziehung gibt es mittlerweile immer mehr Gremien, in denen sich Jugendliche und junge Volljährige aus Pflegefamilien und Einrichtungen entweder als gewähltes Mitglied oder ganz ohne Zugangsvoraussetzung engagieren können. Es gibt mittlerweile fünf landesweite Interessenvertretungen in Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz und den Careleaver e. V. als bundesweite Interessenvertretung von Jugendlichen ab 16 Jahren, die sich auch über die Jugendhilfe hinaus im Verein engagieren.

Jugendliche ohne Grenzen (JoG)

Jugendliche ohne Grenzen ist eine Selbstvertretung von jungen Flüchtlingen, die sich für ihre Interessen, insbesondere für ein Bleiberecht, einsetzen. Hier können sich junge Menschen engagieren, die selbst nach Deutschland gekommen sind und sich für ihre Anliegen stark machen möchten.

Zusätzlich finden Sie und die jungen Menschen (jugendgerechte) Informationen auf den Seiten des Bundesfachverbandes unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF).

Aktion Mensch

Aktion Mensch fördert soziale Projekte, bietet aber auch eine Suchmaschine an, wo Sie gemeinsam mit jungen Menschen am Übergang in die Volljährigkeit Projekte in ihrer Region finden, in denen sie sich ehrenamtlich engagieren können.

5. Diskussionspapiere zum Thema „Übergänge in die Volljährigkeit“

Zuletzt möchten wir noch hinweisen auf die Diskussionspapiere des Bundesforums zum Thema “Übergänge in die Volljährigkeit. Obwohl die Vormundschaft mit dem 18. Lebensjahr endet, äußern junge Menschen nicht selten weiteren Beratungs- und Unterstützungsbedarf in Gegenwart ihrer Vormund*innen. Unser Fachbeiratsmitglied Volker Henneicke hat zu diesem Thema ein Impulspapier erstellt, auf das die Vorsitzende des Bundesforums, Henriette Katzenstein, mit einem Diskussionspapier antwortete.

6. Workshop von Vormund:innen und jungen Menschen zum Übergang in die Selbstständigkeit

Vom 26. – 28. August fand in Hamburg ein Workshop statt zum Übergang junger Menschen in die Selbstständigkeit und die Aufgaben der Vormund:innen in diesem Zusammenhang. Im Workshop wurden vier Themen herausgearbeitet, zu denen Arbeitsgruppen sich verabredet haben, weitere Ergebnisse zu entwickeln: 1. Die Frage nach der Abschiedskultur in der Vormundschaft, 2. das Thema der Akteneinsicht für junge Menschen und junge Erwachsene, 3. wurde überlegt, eine Checkliste für Vormund:innen zu entwickeln, an was vor/im Übergang in die Selbstständigkeit zu denken ist und 4. das Thema der Nachbetreuung und der Ressourcen hierfür. Es lieg ein Bericht über den Workshop vor.

Praxistipps “Übergänge von jungen Volljährigen gestalten” zum Download

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