Beteiligen – das tun wir doch, das ist doch klar! Wirklich?
Die folgenden Texte sind als Einführung ins Thema und als Anregung zur Diskussion bspw. im Fachteam oder im Kontext von Workshops oder Fortbildungen gedacht.
Aus der Forschung wissen wir, dass viele Kinder und Jugendliche den Eindruck haben, dass vieles über sie und nicht mit ihnen entschieden wird.
Es ist aber auch nicht einfach mit der Beteiligung: Wird ein Kind durch zu viele Fragen des*der außenstehenden Vormund*in überfordert? Überblickt die Jugendliche die Folgen einer Entscheidung? Wieviel Selbstbestimmung kann die verantwortliche Vormund*in zulassen? Fragen, die nicht einfach zu beantworten sind und noch viel zu wenig diskutiert werden.
Bei Beteiligung in der Vormundschaft geht es um grundlegende, oft für das Leben der Kinder und Jugendlichen existenziell wichtige Entscheidungen. Deswegen helfen Überlegungen und Methoden zur Beteiligung bspw. in der KiTa, Schule oder im Jugendgemeinderat, die oft auf Gruppensettings abzielen hier nur begrenzt weiter. Auf diesen Seiten werden daher grundlegende Fragen der Beteiligung in der Vormundschaft erörtert, Literatur zu Fragen der Partizipation vorgestellt und Hinweise zu verschiedenen Wegen und Materialien gegeben, die Beteiligung von jungen Menschen unterstützen.
Es findet sich hier außerdem ein kurzer Text mit Hinweisen auf Materialien, die für Beratungen im Fachteam geeignet sind. Denn wer selbst erfahren kann, dass Entscheidungen in einem Team mit lebendiger Beteiligungskultur oft passender, umsichtiger und nachhaltiger ausfallen, wird es leichter haben, Beteiligungsprozesse zu gestalten – mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam.
Bei Beteiligung in der Vormundschaft geht es um grundlegende, oft für das Leben der Kinder und Jugendlichen existenziell wichtige Entscheidungen.
Es geht darum, dass Kinder und Jugendliche sich an den Weichenstellungen im eigenen Leben beteiligen und lernen, diese zu gestalten. Deswegen helfen Überlegungen und Methoden zur Beteiligung bspw. in der KiTa, Schule oder im Jugendgemeinderat, die oft auf Gruppensettings abzielen hier nur begrenzt weiter.
Wer im Internet oder in der Literatur nach Informationen zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sucht, stößt auf vielfältige Homepages und Materialien, findet aber zum Thema, wie Kinder oder Jugendliche an Entscheidungen über ihr eigenes Leben zu beteiligen sind, wenig unmittelbar Nützliches. Ein großer Teil der Literatur und der Internetseiten zielt auf die Partizipation in Gruppen ab, – , bspw. in Wohngruppen, in der gesamten Einrichtung oder in der KiTa. Es soll hier gleich darauf hingewiesen werden, dass auch solche Beteiligungsformen für die Vormundschaft und Pflegschaft zukünftig mittelbar nutzbar gemacht werden sollten. Es ist bspw. durchaus denkbar, jährlich einen Workshop mit Jugendlichen unter Vormundschaft zu Fragen der Gestaltung von Vormundschaft durchzuführen (Text: Beteiligung in Gruppen-Settings – ein Thema für die Vormundschaft?). Und ebenso ist es sinnvoll, dass Vormund*innen darauf hinwirken, dass Kinder und Jugendliche nach Möglichkeit Zugang zu Settings bekommen, in denen sie beteiligt werden, ob in der KiTa, in der Jugendvertretung einer Einrichtung oder in der Ferienfreizeit. Es gehört nach hier vertretener Meinung zu den Aufgaben der Vormund*innen, Kindern und Jugendlichen Beteiligung und die Vertretung eigener Interessen nahezubringen.
Im Kern geht es jedoch in der Vormundschaft und Pflegschaft erstmal um eine andere Ebene – wie schon gesagt: die Beteiligung des Kindes oder Jugendlichen an den für das eigene individuelle Leben wichtigen Entscheidungen.
Die längst nicht vollständige Reihe macht sofort deutlich, wie zentral die Kinder und Jugendlichen von Entscheidungen im Rahmen der Vormundschaft berührt und wie bedeutsam daher Fragen der Beteiligung sind. Zugleich findet die Beteiligung junger Menschen durch Vormund*innen in einem komplexen Umfeld statt: Erstens haben Kinder und Jugendliche, die eine*n Vormund*in haben, oft schon viel Belastendes erlebt, sind oft gerade nicht (angemessen) beteiligt worden und bringen erwachsenen Entscheider*innen nicht immer von vorneherein Vertrauen entgegen. Dieses Vertrauen muss der*die Vormund*in sich erst erwerben. Zunächst ist er*sie eine unbekannte Person, die unvermittelt in das Leben des Kindes oder Jugendlichen tritt. Zweitens vertreten Sie die Interessen des Kindes oder Jugendlichen in einem Feld, in dem es Regeln gibt, die Sie selbst nur sehr begrenzt beeinflussen können, bspw. bei der Kostenheranziehung. Es macht aber einen großen Unterschied, ob Vormund*innen sich mit diesen Regeln auskennen, gegen Fehlauslegungen vorgehen und die Interessen des Kindes an der pflichtgemäßen Berücksichtigung des Ermessensspielraums bei der Festsetzung des Kostenbeitrags vertreten. Drittens können Vormund*innen viele Entscheidungen nicht alleine treffen, sondern sie sind auf die Kooperation des Allgemeinen Sozialen Diensts bei der Hilfeplanung und Leistungsgewährung, der Pflegeeltern oder der Einrichtung bei der Umsetzung von Entscheidungen über Hilfen und Versorgung angewiesen. Auch die Akzeptanz der Eltern für die Vormundschaft kann eine Rolle spielen. Ein Beispiel: Wenn der*die Vormund*in im besten Kontakt mit dem Kind oder Jugendlichen eine Umgangsregelung in dessen Interesse erreicht, läuft diese dennoch ins Leere, wenn bspw. die Pflegeeltern sich damit nicht abfinden können und das Kind in Loyalitätskonflikte gerät oder die Eltern sich an vereinbarte Termine nicht halten und das Kind immer wieder enttäuschen.
Beteiligung findet in der Vormundschaft also in für das Kind oft existenziell wichtigen Fragen, zugleich in komplexen Situationen mit verschiedenen – mehr oder weniger emotional beteiligten – Personen und manchmal zudem unter Zeitdruck statt.
Daher ist es notwendig, die Fachdiskussion über Beteiligung in der Vormundschaft und Pflegschaft und ihre Besonderheiten zu öffnen. Es braucht einen Diskurs über grundlegende Fragen (vgl. die Texte Beteiligung ist Kinderrecht; Beteiligung zwischen Selbstbestimmung des Kindes und Verantwortung). Es braucht aber auch Ideen und Handwerkszeug zur Beteiligung in verschiedenen Situationen. Der Methodenkoffer Beteiligung bietet hier vielfältige Informationen, u. a. zu folgenden Fragen:
Daniela Reimer/Klaus Wolf: Beteiligung von Pflegekindern. Kap. 6.3. In: Kindler H., Helming E., Meysen T. & Jurczyk K. (Hg.) (2010) Handbuch Pflegekinderhilfe. München.
Praxistaugliche Hinweise zur Beteiligung nicht nur von Pflegekindern.
Hansbauer, Peter/Wendt, Lisa (2021 – noch nicht erschienen): Partizipation und Vormundschaft/Pflegschaft. In: Züchner, Ivo/Peyerl, Katrin; Partizipation in der Kinder und Jugendhilfe (Arbeitstitel).
Der Autor und die Autorin arbeiten die Besonderheit von Beteiligung in der Vormundschaft heraus.
Text “Beteiligung in der Vormundschaft” zum Download
Der folgende Text erläutert in Kürze die grundsätzliche Bedeutung von Beteiligung in der Vormundschaft und ihre rechtliche Verankerung in der UN-Kinderrechtskonvention. Er ist geeignet als Anregung für Teamgespräche oder Fortbildungen.
Die UN-Kinderrechtskonvention sichert Kindern und Jugendlichen u. a. in Art. 12 UN-KRK Beteiligung in allen sie berührenden Angelegenheiten zu. Und von welchen Angelegenheiten könnte ein junger Mensch direkter berührt sein als von denen, die der Vormundschaft anvertraut sind: Entscheidungen über den Aufenthaltsort, die Kontakte zu Eltern, Geschwistern, den Schulbesuch…?
Wir Erwachsenen tun uns oft schwer damit, dass Kinder und Jugendliche das unbedingte Recht auf Beteiligung haben – unabhängig vom Alter, der Reife, davon wie (un)vernünftig, angepasst oder trotzig sie sich zeigen. Wir müssen ihnen das Recht auf Beteiligung nicht freundlich gewähren – denn sie haben es schon!
Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes sagt zu Beteiligung:
„Bedeutsame [Beteiligungs]-Möglichkeiten können nur erreicht werden, wenn Barrieren abgebaut werden, die die Gelegenheit für Kinder gehört zu werden und ihren Zugang zu Beteiligung behindern. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, Annahmen und Vorurteile über die Fähigkeiten des Kindes in Frage zu stellen und die Entwicklung von Situationen zu fördern, in denen Kinder ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten weiter entwickeln können. Das erfordert auch die bindende Verpflichtung Ressourcen sowie Aus- und Weiterbildung zur Verfügung zu stellen.“
Committee on the Rights of the Child 2009; eigene Übersetzung, leicht gekürzt.
Das Recht auf Beteiligung einzulösen, verlangt von Vormund*innen Überzeugung, Zutrauen zu den jungen Menschen, Kreativität, Geduld und Zähigkeit. Es ist nicht immer einfach. Die Art und Gestaltung der Beteiligung muss sich nach dem Kind und der Situation richten. Der*Die Vormund*in muss sich auf den jeweiligen jungen Menschen und dessen Ansichten einlassen, ohne es ihm einfach recht machen zu wollen. Denn Beteiligung heißt nicht einfach, den geäußerten Ansichten und Wünschen des jungen Menschen einfach zu folgen, sondern bedeutet Auseinandersetzung – im Willen nach Möglichkeit zu einer gemeinsam getragenen Entscheidung zu kommen. Dazu gehört es aber auch, den jungen Menschen unbedingt zu respektieren und eigene Meinungen und vermeintliche Sicherheiten auch einmal in Frage zu stellen.
Stephanie Kröger & Wolfgang Schröer (2021): Partizipation und Vormundschaft – Rechte der jungen Menschen als Ausgangsbasis für die Vormundschaften. In: Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft u.a.: Vormundschaft – Recht – Sozialpädagogik – Praxis. In Vorb.
Die Autoren setzen sich mit dem Recht auf Beteiligung und den Gründen dafür, dass junge Menschen sich häufig nicht beteiligt sehen, auseinander.
Text “Beteiligung ist Kinderrecht” zum Download
Der Text befasst sich mit dem Spannungsfeld zwischen Förderung der Selbstbestimmung des Kindes oder des Jugendlichen und verantwortlicher Sorge für den jungen Menschen und gibt erste Hinweise zum Umgang damit in der Vormundschaft.
„Erwachsene, die dem Kind überhaupt keine Orientierung bieten und es unterlassen, auf zukünftige Konsequenzen hinzuweisen, handeln unverantwortlich.“
Laudien, DIFU 2016, 61
„…die Anerkennung und Respektierung von Selbstbestimmung bis zu dem Grad, der es uns nicht mehr ermöglicht mitzugehen, ist eine äußerst wichtige Haltung für den Vormund.“
Schimke, DIFU 2016, 61
Was denn nun? Sollen Vormund*innen verantwortlich und mit Blick auf die Folgen eher ‚lenken‘ oder sollen sie Kinder, wann immer möglich selbst bestimmen lassen?
Die Frage lässt sich nicht mit ent- oder weder beantworten. Darin waren sich die beiden oben genannten Redner*innen in ihrer Diskussion einig. Dennoch: Während der eine die Bedeutung von Fürsorge und Verantwortung herausstellte, betonte der andere die große Bedeutung der Selbstbestimmung und Autonomie der Kinder und Jugendlichen.
Unabhängig davon, ob der*die Vormund*in sich bei einer schwierigen Entscheidungssituation für verantwortlichen Schutz entscheidet oder dafür, der Selbstbestimmung des jungen Menschen den Vorrang zu geben, hat das Kind oder der*die Jugendliche das Recht auf weitere Unterstützung in Bezug auf die Folgen der Entscheidung. Bei einer Entscheidung gegen den Willen des jungen Menschen kann es passieren, dass diese ins Leere läuft, wenn der junge Mensch sie nicht mitträgt, bspw. die Schule schwänzt, die er besuchen soll oder sich in eine neue Wohngruppe nicht gut einfindet. Aber auch wenn nach dem geäußerten Willen des Kindes oder Jugendlichen entschieden wird, können die Folgen ihn oder sie einholen, – etwa wenn er oder sie den Leistungsanforderungen in einer gewünschten Schule nicht nachkommen kann. Wenn die Folgen einer Entscheidung sich als schwierig erweisen, geht es nicht um Vorhaltungen, sondern darum, sie zu bewältigen, gemeinsam daraus zu lernen und ggf. umzusteuern. “Erfolg” hat der*die Vormund*in dabei grundsätzlich nur, wenn er den jungen Menschen mitnehmen kann.
Die Spannung zwischen wachsender Autonomie und Förderung der Selbstbestimmung lässt sich also nicht auflösen – Vormund*innen müssen bei jeder schwierigen Einzelfallentscheidung damit umgehen.
In schwierigen Situationen helfen Gespräche mit Kolleg*innen und Supervision. Auch fallübergreifende Gespräche mit Jugendlichen und/oder jungen Erwachsenen darüber wie sie Vormundschaft erleben oder erlebt haben, ob und wodurch sie Impulse für eine konstruktive Weiterentwicklung erhalten haben, können sehr aufschlussreich dafür sein, die eigene Haltung und Methoden zur Beteiligung weiter zu entwickeln.
Das Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und verantwortlicher Fürsorge spielt übrigens nicht nur in der Vormundschaft, sondern generell in der Sozialen Arbeit, auch mit Erwachsenen eine Rolle. Stefan Armenti gibt der Partizipation dabei einen wichtigen Stellenwert:
„Die professionelle Steuerung von Unterstützungsprozessen über graduell abgestufte Partizipationsmöglichkeiten respektiert die vorhandene Autonomie des Individuums und verschliesst […] sich nicht Situationen der Unfreiwilligkeit, wie sie […] in der Sozialen Arbeit häufig vorkommen. Gerade über das Leitprinzip der Partizipation wird es für die Soziale Arbeit möglich, Klientinnen und Klienten […] trotz Machtasymmetrien, Eingrenzungen und Vorgaben für beide Parteien so viel Verantwortung für den Prozess wie möglich zu übertragen ….“
Armenti 2015
Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe im Deutschen Institut für Urbanistik (Hrsg.) (2017): Neu Maß nehmen! Zukunftsperspektiven der Vormundschaft. Letzter Aufruf: 19.02.2021.
Armenti, Stefan (2015): Partizipation als ethisches Leitprinzip von Kooperation. In: Merten, Ueli/Kaegi, Urs: Kooperation kompakt – Kooperation als Strukturmerkmal und Handlungsprinzip der Sozialen Arbeit. Berlin u.a., Verlag Barbara Budrich. S. 154-174.
Text “Beteiligung zwischen Selbstbestimmung des Kindes und Verantwortung für das Kind” zum Download
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob Beteiligung in Gruppen in der Vormundschaft Berücksichtigung finden sollte. Zudem wird von den Erfahrungen aus einem Praxisworkshop mit Vormund*innen und jungen Menschen berichtet.
Eine gute Vormundschaft beinhaltet aus Sicht vieler Fachkräfte eine gute Kontaktgestaltung zwischen Vormund*in und dem einzelnen jungen Menschen. Und die meisten Vormund*innen sind sicherlich froh, wenn sie genügend Zeit finden, um jedes Kind und jede*n Jugendliche*n regelmäßig zu sehen und deren Beteiligung gerecht zu werden.
Kaum diskutiert wird bisher die Frage, ob Gruppen mit Kindern und Jugendlichen, die eine*n Vormund*in haben, einen Mehrwert für die Vormundschaft und ihre Beteiligten darstellen können. Dieser Beitrag möchte das Thema anreißen und zum Nachdenken anregen. Er versteht sich als Impuls zur Qualitätsentwicklung in der Vormundschaft und richtet sich an Leitungskräfte, Arbeitskreise und Teams in der Vormundschaft.
„Wir haben jährlich ein Treffen mit Rechtspfleger*innen zum fachlichen Austausch. Ich muss gestehen, dass ich mir nie Gedanken gemacht habe, ob ein Austausch mit jungen Menschen unter Vormundschaft gut wäre. Nach diesem Workshop werde ich es meinem Team empfehlen.“
Vormundin, November 2020
Im November 2020 organisierte das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft einen Workshop zur Erstellung eines Videos zur Vormundschaft. Zu den Teilnehmenden gehörten Vormund*innen und junge Menschen, die eine*n Vormund*in haben oder hatten. In den zwei Tagen tauschten sich die Teilnehmenden zu ihren Erfahrungen aus und besonders dazu, was aus ihrer Sicht eine gute Vormundschaft auszeichnet und was sie besonders macht. Es wurde sehr schnell deutlich, dass von beiden Seiten gemeinsam verbrachte Zeit eine große Rolle spielt, aber auch bspw. die Stellung des*der Vormund*in außerhalb des Erziehungskontextes. In Gesprächen in der Gruppe wurden unterschiedliche Erfahrungen deutlich und die eigenen Erfahrungen mit denen anderer abgeglichen.
„Ich war sehr zufrieden mit meiner Vormundin und habe sie immer gerne gesehen. Hätte ich gewusst, dass ich wie eine andere Teilnehmerin mehr Kontakt hätte haben können, hätte ich das eingefordert. Und bei mir fanden Gespräche oft in Anwesenheit der Betreuer statt – das war nicht gut.“
Junge Teilnehmerin, November 2020
In unserem Workshop wurde deutlich, wie wichtig das Gruppengefüge und der Austausch mit mehreren Beteiligten ist, um die eigenen Erfahrungen und Haltungen zu bestimmten Themen zu reflektieren.
Für Leitungskräfte, Arbeitsgruppen und Teams kann es ein interessanter Schritt sein, Gruppen mit jungen Menschen als Teil eines Qualitätsentwicklungsprozesses zu planen. Solche Gruppen können als Zukunftswerkstätten gestaltet sein, in denen die jungen Menschen ihre Kritikpunkte vorbringen können und Wünsche sammeln, die sie an die Führung einer Vormundschaft haben. Vormund*innen und junge Menschen können gemeinsam erörtern, welche konkreten Lösungsmöglichkeiten es gäbe. Möglich sind natürlich auch Gruppen zu bestimmten Themen, zum Beispiel zur Hilfeplanung.
Bei Gruppenarbeiten mit jungen Menschen empfehlen wir auf einige Punkte zu achten. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung. Das bedeutet aber auch, dass es in Ordnung ist, wenn sich junge Menschen nicht beteiligen, weil sie für sich keinen Mehrwert oder Bedarf sehen, sich über bestimmte Themen auszutauschen. Es ist daher wichtig, schon bei der Entwicklung solcher Gruppenarbeiten junge Menschen zu beteiligen und sie zu fragen, welche Themen ihnen wichtig sind, ob sie sich (erst einmal) nur mit anderen Kindern und Jugendlichen austauschen möchten oder auch gerade gerne das Gespräch mit Vormund*innen suchen.
Zudem sollte darauf geachtet werden, dass die Ansprache, Ziel und Zweck der Gruppenarbeit und die Methoden kinder- und jugendgerecht und für alle Beteiligten verständlich und nachvollziehbar sind. Einige hilfreiche Materialien finden Sie in diesem Methodenkoffer wie zum Beispiel die Methodensammlung auf der Seite zur Kinderbeteiligung des Jugendamts Stuttgart.
Schließlich muss auch die Nachbereitung von solchen Gruppensettings mit gedacht werden. Kinder und Jugendliche sollten wissen, was Ziel und Zweck der Gruppenarbeit ist und ob bzw. wie mit den Ergebnissen des Workshops weitergearbeitet wird. Eine ernstzunehmende Beteiligung beinhaltet auch, dass junge Menschen verstehen, was Beteiligung in diesem Kontext bedeutet, welchen Einfluss sie durch ihre Teilnahme haben, ob sie sich im Nachgang an Prozessen beteiligen können und an wen sie sich wenden können, wenn Themen sie über den Workshop hinaus beschäftigen.
Kuhnt, Beate/Müller, Norbert R. (2004): Moderationsfibel Zukunftswerkstätten. Verstehen, Anleiten, Einsetzen. Wasserburg (Bodensee). Verein zur Förderung der sozialpolitischen Arbeit.
Merchel, Joachim (2021): Qualitätsentwicklung in der Vormundschaft. In: Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft: Vormundschaften: pädagogischer Auftrag – rechtliche Rahmung – Ausgestaltung in der Praxis. (Erscheint im Juni 2021).
Publikationen zur Kinderbeteiligung auf der Seite Kinderbeteiligung Stuttgart.
Renoldner, Christa u. a. (2007): einfach systemisch! Systemische Grundlagen und Methoden für Ihre pädagogische Arbeit. Münster. Ökotopia.
Text “Beteiligung in Gruppensettings” zum Download