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Pflegeeltern und Fachkräfte HzE

Informationen zur Vormundschaft für Pflegeeltern und Fachkräfte der Hilfen zu Erziehung in stationären Einrichtungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Wie kommt es zu einer Vormundschaft?
  2. Wie wird ein Vormund ausgewählt?
  3. Können und sollten Pflegeeltern oder Erzieher*innen eine Vormundschaft übernehmen?
  4. Welche Aufgaben, Pflichten und Rechte haben Vormund*innen?
  5. Wie gestaltet sich das Zusammenspiel zwischen Vormund*in und Pflegeeltern bzw. Erzieher*innen in der Einrichtung 
  6. Was kann ich als Erzieher*in oder Pflegeeltern tun, wenn ich mit dem Vormund oder seinen Entscheidungen nicht einverstanden bin? 
  7. Was ist eine (Ergänzungs-)Pflegschaft?

1. Wie kommt es zu einer Vormundschaft?

Ein Vormund (weiblich Vormundin) wird vom Familiengericht bestellt. Es kann einem ehrenamtlichen oder beruflichen Vormund, einem Verein oder dem Jugendamt das Sorgerecht (die elterliche Sorge) für ein Kind oder eine Jugendliche übertragen. Das Sorgerecht beinhaltet die Personen- und Vermögenssorge. Häufig wird statt einer Vormundschaft eine „Ergänzungspflegschaft“ (siehe Frage 7) eingerichtet. In diesem Fall werden der/dem Ergänzungspfleger*in nur Teilbereiche des Sorgerechts übertragen, sehr häufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und das Recht, Hilfen zur Erziehung zu beantragen (siehe Frage 7).   

Voraussetzung für die Bestellung eines Vormunds ist, dass die Eltern die Sorge (das Sorgerecht) nicht innehaben. Das kann der Fall sein, wenn Eltern nicht auffindbar oder nicht erreichbar sind, wie etwa bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Der häufigere Fall ist es, dass das Familiengericht den Eltern die Sorge oder einen Teil der Sorge nach § 1666 BGB entzogen hat. § 1666 BGB sieht vor, dass das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung gerichtlich geprüft wird. Voraussetzung für einen Sorgerechtsentzug ist zusätzlich, dass die Kindeswohlgefährdung nicht durch die Eltern abgewendet werden kann, etwa indem sie Hilfen annehmen. Hintergrund für einen Sorgerechtsentzug wegen einer Kindeswohlgefährdung kann bspw. eine psychische Erkrankung oder eine sehr schwierige familiäre oder persönliche Situation sein. 

2. Wie wird ein Vormund ausgewählt?

Das Familiengericht wählt den Vormund aus. Dabei gilt mit wenigen Ausnahmen, dass jede volljährige Person Vormund oder Ergänzungspflegerin werden kann. Unterschieden wird zwischen

Bei der Auswahl des Vormunds oder der Vormundin richtet sich das Familiengericht nach § 1779 BGB: Das Jugendamt wird angehört und ggf. die Eignung einer Person geprüft, die bereit ist, die Vormundschaft zu übernehmen. Die Auswahl eines ehrenamtlichen Vormunds hat Vorrang – vorausgesetzt, er wird als geeignet angesehen. Dem Gericht kann eine geeignete Person vorgeschlagen werden, bspw. ein*e Verwandte*r oder eine andere Person, die dem Kind verbunden ist. Manche Jugendämter suchen auch gezielt nach Personen, die bereit sind, ehrenamtliche Vormundschaften zu übernehmen, schulen diese und schlagen sie im geeigneten Fall vor.

Bei der Auswahl hat das Familiengericht  einige weitere Aspekte zu berücksichtigen, u.a. den „mutmaßlichen Willen“ der Eltern und die Bindungen des Kindes. Vom „mutmaßlichen“ Willen ist die Rede, weil Vormundschaften in der Vergangenheit überwiegend wegen Todes der Eltern eingerichtet wurden. Im neuen Vormundschaftsrecht wird bei der Auswahl der Wille des Kindes und dessen Situation in den Vordergrund rücken, zudem wird aber in zweiter Linie auch der (aktuelle) Wille der Eltern bei der Auswahl ein Kriterium bleiben (§ 1779 BGB-E).

In den allermeisten Fällen wird das Jugendamt  oder in Regionen, in denen Vereine zur Verfügung stehen ein Vereinsvormund bestellt, da häufig keine Einzelpersonen für die Übernahme einer Vormundschaft zur Verfügung stehen. Im Jugendamt wird die Vormundschaft auf eine bestimmte Fachkraft übertragen. Dazu soll das Kind oder der Jugendliche gehört werden (§ 55 Abs. 2 S.2 SGB VIII). Auch im Verein wird die Vormundschaft von einer bestimmten Person geführt.

3. Können und sollten Pflegeeltern oder Erzieher*innen eine Vormundschaft übernehmen?

Vorweg genommen: „Eine Person, die den Mündel in einem Heim des Vereins als Erzieher betreut, darf die Aufgaben des Vormunds nicht ausüben“ (§ 1791 a Abs. 3 BGB). Bspw. eine Bezugsbetreuerin in einer Einrichtung darf deshalb nicht Vormundin eines von ihr betreuten Kindes oder Jugendlichen werden. Der Hintergrund ist, dass die Vormundin das Kind oder den Jugendlichen möglicherweise auch gegenüber der Einrichtung unterstützen und vertreten müsste – das führt zu Interessenkonflikten. Der Beruf allein spricht jedoch nicht gegen die Übernahme einer Vormundschaft, wenn kein entsprechendes Anstellungsverhältnis vorliegt.

Pflegeeltern können zum Vormund bestellt werden. Als ehrenamtliche Vormund*innen hat ihre Bestellung Vorrang vor der Bestellung des Jugendamts, eines Vereins oder beruflichen Vormunds (siehe Frage 2). Bei der Frage, ob die Übernahme einer Vormundschaft durch Pflegeeltern sinnvoll und kindgerecht ist, gilt es einige Gesichtspunkte zu beachten:

Es ist zum einen im Hinblick auf das Kind, seine Pflegefamilie und Eltern sinnvoll, die hier genannten – und vielleicht weitere – Aspekte zu bedenken. Zum anderen können diese Punkte auch rechtlich eine Rolle spielen, wenn das Familiengericht die Eignung der Pflegeeltern als Vormund*innen prüft.

Diskutiert wird derzeit, ob und wie die Möglichkeiten für Pflegeeltern sich die Vormundschaft bspw. mit dem Jugendamt zu teilen, erweitert werden sollen (2. Diskussionsteilentwurf).

4. Welche Aufgaben, Pflichten und Rechte haben Vormund*innen?

Ein*e Vormund*in wird für ein bestimmtes Kind oder eine*n Jugendliche*n bestellt und ist für dieses verantwortlich. Das gilt auch, wenn ein Vormund im Jugendamt 20, 30 oder 50 Vormundschaften führt. Die vormundschaftliche Verantwortung ist der elterlichen Verantwortung nachgebildet. Sie ist umfassend und betrifft prinzipiell alle Fragen im Leben des Kindes oder Jugendlichen. Da das Kind/die Jugendliche idR nicht beim Vormund lebt, ist dieser persönlich verantwortlich dafür, dass Pflege und Erziehung  sichergestellt sind und gefördert werden (§ 1800 BGB), – idR bei einer Pflegefamilie oder in einer Einrichtung.

Im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe ist die Vormundin oder der Vormund die einzige Fachkraft, deren Tätigkeit in dieser Weise personengebunden ist. Andere Fachkräfte im Jugendamt und der Hilfen zur Erziehung sind nicht primär für Personen zuständig, sondern für Aufgabenbereiche, bspw. für die Hilfeplanung, Trennungs- und Scheidungsberatung, Unterhaltsrealisierung, Akquise von Pflegefamilien oder etwa für Leitungs- oder Betreuungsaufgaben in der Einrichtung. Für eine Person oder eine Familie sind daher  je nach Anliegen  unterschiedliche Fachkräfte zuständig. Auch der oder die Vormund*in erledigt selbstverständlich nicht alles selbst – prinzipiell ist er oder sie aber Ansprechpartner*in und Entscheider*in in allen Lebensbereichen des Kindes oder Jugendlichen.

Konkret: Vormund*innen  müssen beispielsweise einwilligen, wenn eine Jugendliche an einer Klassenfahrt teilnehmen möchte, eine Operation ansteht oder eine Jugendliche ein Arbeitsverhältnis beginnt. Vormund*innen haben auch das Umgangsbestimmungsrecht inne und dürfen daher Häufigkeit, Dauer und Gestaltung von Eltern-Kind-Besuchen zu bestimmen. Dabei müssen sie das Umgangsrecht von Eltern und Kind respektieren (§ 1684 BGB), aber auch die Situation der Pflegeeltern oder der Einrichtung, in der das Kind lebt, einbeziehen. Eine gerichtliche Umgangsregelung muss der oder die Vormund*in einhalten.

5. Wie gestaltet sich das Zusammenspiel zwischen Vormund*in und Pflegeeltern bzw. Erzieher*innen in der Einrichtung 

Grundsätzlich gilt, Vormund*innen treffen alle Entscheidungen „von erheblicher Bedeutung“. Beispiele sind: Schul- und Ausbildungsentscheidungen, Entscheidungen über den Umgang mit den Eltern sowie grundsätzliche Entscheidungen über den Umgang mit bestimmten Personen z. B. den Großeltern, Entscheidungen über Operationen und Narkosen oder die Entscheidung über den Lebensmittelpunkt, aber auch die Entscheidung über Fernreisen oder einen Austausch ins Ausland.

In Angelegenheiten „des täglichen Lebens“ sind dagegen die Pflegeeltern bzw. die Einrichtung entscheidungsberechtigt (§ 1688 Abs. 1, 2 BGB). Dabei geht es um Entscheidungen, die im Alltag häufig vorkommen und die keine Weichenstellungen im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes beinhalten. Dazu gehören bspw. Entscheidungen über den Schulbesuch im Krankheitsfall, über den Besuch von Elternsprechtagen, über Ferienaufenthalte im Inland, aber auch Entscheidungen über gewöhnliche ärztliche, zahnärztliche und medikamentöse Behandlungen oder Früherkennungsuntersuchungen (vgl. Hoffmann 2018, Personensorge, § 2 Rn. 26.36).

Trotz dieser Unterscheidung ist es sinnvoll, dass Vormund*innen als Sorgerechtsinhaber*innen und Pflegeeltern und Erzieher*innen eine Vereinbarung treffen, in der Befugnisse und der gegenseitige Informationsfluss geregelt werden. Eine solche Vereinbarung sollte genau besprochen werden. Sie dient der Transparenz, Handlungssicherheit und einer klaren Zusammenarbeit. Auch nach außen kann sie eingesetzt werden, denn nicht immer ist die Außenwelt (bspw. Ärzt*innen oder Lehrer*innen) über die Befugnisse von Pflegeeltern informiert.

Eine Mustervereinbarung findet sich bspw. in: Kindler u.a. (2010), Handbuch Pflegekinderhilfe, S. 982. Den hier aufgezählten Punkten können weitere hinzugefügt werden bspw. zu Absprachen zu den Kontakten zwischen Vormund und Kind oder Jugendlichem. 

Wichtig bleibt zu sagen: Der oder die Vormund*in fällt selbstverständlich keine „einsamen“ Entscheidungen im Alleingang. Er ist zuallererst verpflichtet, das Kind zu beteiligen – gemeint ist dabei nicht nur eine oberflächliche Befragung, sondern eine Beschäftigung mit dem Kind oder Jugendlichem, die diesem erlaubt, Wünsche und Kritik zu äußern oder vielleicht erst zu entwickeln. An zweiter Stelle ist der oder die Vormund*in Kooperationspartner und setzt sich auch mit den Auffassungen der Pflegeeltern, Erzieher*innen, Eltern und Sozialen Dienste auseinander.

Bei der Diskussion des geplanten neuen Vormundschaftsrechts ist das Miteinander von Pflegeeltern als verantwortliche Erziehungspersonen im Alltag und Vormund*innen als Entscheider*innen und Begleiter*innen des Lebenswegs des Kindes oder Jugendlichen besonders im Blick. Es soll daher vorgeschrieben werden, dass Vormund*innen bei ihren Entscheidungen die Auswirkungen auf den Alltag der Pflegefamilie einbeziehen müssen und die Auffassung der Pflegeeltern berücksichtigen sollen (§ 1797 Abs. 3 BGB-E). 

6. Was kann ich als Erzieher*in oder Pflegeeltern tun, wenn ich mit dem Vormund oder seinen Entscheidungen nicht einverstanden bin?

Sollten Sie oder das Kind mit Entscheidungen des Vormunds nicht einverstanden sein, lohnt es sich, in einem ersten Schritt das Gespräch mit dem Vormund zu suchen. Sie finden eventuell gemeinsam eine Lösung oder der Vormund erklärt Ihnen, wie es zu einer bestimmten Entscheidung kam. Sollte das Gespräch nicht zu Ihrer Zufriedenheit laufen, können Sie Ihr Anliegen im Hilfeplangespräch besprechen. Pflegeeltern werden dabei auch durch die Fachkräfte des Pflegekinderdienstes unterstützt. Erzieher*innen und Pflegeeltern sollten Kinder und Jugendliche ggf. auch über ihr Recht informieren, einen Beistand mit ins Hilfeplangespräch zu nehmen, wenn dies nicht bereits vom Jugendamt getan wurde (§ 8 SGB VIII i. V. m. § 13 SGB X). Der Beistand kann eine gute Freundin, eine verwandte Person oder eine weitere Fachkraft (z. B. eine Ombudsperson) sein, die Sie und das Kind im Hilfeplangespräch unterstützt. 

Sollte Ihr Anliegen im Hilfeplangespräch nicht  berücksichtigt werden, können Sie sich außerhalb der Hilfeplanung Unterstützung suchen, z. B. bei einer Ombudsstelle. Ombudsstellen bieten Beratung und Unterstützung für Eltern und ihre Kinder an, wenn diese sich vom Jugendamt nicht ausreichend beteiligt fühlen oder Konflikte mit der Vormundin auftreten. Je nach Ombudsstelle werden auch Erzieher*innen und Pflegeeltern beraten. Gemeinsam mit Ihnen wird die Ombudsstelle eine Lösung für Ihr Problem suchen, immer unter Berücksichtigung des Kindeswohls. Sie kann Ihnen Tipps geben, wie Sie den Konflikt eigenständig lösen, oder weitere Kontaktpersonen vermitteln. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Ombudsperson Sie  ins Hilfeplangespräch begleitet, wenn Sie das möchten. Hier finden Sie Ombudsstellen in Ihrer Nähe. 

7. Was ist eine (Ergänzungs-)Pflegschaft?

Die Ergänzungspflegerin übernimmt im Unterschied zum Vormund nur einen Teil der Sorge für ein Kind. Das kann beispielsweise nur die Vermögenssorge sein. Häufig überträgt das Familiengericht drei Bereiche auf eine*n Ergänzungspfleger*in: die Gesundheitssorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht, Hilfen zur Erziehung zu beantragen. Inzwischen ist rechtlich geklärt, dass auch das Umgangsbestimmungsrecht auf einen Ergänzungspfleger*in übertragen werden kann. Geschieht das nicht, bleiben die Eltern umgangsbestimmungsberechtigt. Ergänzungspfleger*in oder andere Fachkräfte sind dann rechtlich nicht befugt, Vorgaben zu machen. Bei Unstimmigkeiten muss eine gerichtliche Regelung gesucht werden (s. zu dieser Frage vertiefend: Informationen zur Vormundschaft für Fachkräfte der Sozialen Dienste, Punkt 9).

Wenn das Familiengericht bspw. eine Ergänzungspflegerin nur für das Aufenthaltsbestimmungsrecht bestellt, entscheidet diese über den Lebensmittelpunkt des Kindes oder Jugendlichen. Die Eltern behalten bspw. das Recht, Entscheidungen hinsichtlich der Wahl einer Kindertagesstätte, der Schule, über die Förderung des Kindes in einer Therapie, die Behandlung bei Ärzt*innen oder den Beitritt zu einem Verein zu treffen. 

Aus fachlicher Sicht ist es meist sinnvoll, auch nicht sorgeberechtigte Eltern bei der Hilfeplanung zu beteiligen. Bei teilsorgeberechtigten Eltern ist dies aus rechtlicher Sicht ein „Muss“. Über die Möglichkeiten der Eltern, sich bei einer Ergänzungspflegschaft einzubringen, sollte ebenso klar kommuniziert werden wie über die Zusammenarbeit zwischen Vormund*in und Pflegeeltern und Erzieher*innen (siehe Frage 5). Klarheit in der Kommunikation erhöht die Chancen auf eine kindgerechte Zusammenarbeit auch mit den Eltern.


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