Am 1. Juli tritt das Gesetz zur Einrichtung der oder des Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen mit dem korrekten, aber dennoch umständlichen Kurztitel „Antimissbrauchsbeauftragtengesetz – UBSKMG“ in Kraft. Das Gesetz enthält u.a. auch Regelungen zur Akteneinsicht und Aktenaufbewahrungs-fristen, allerdings unter der Voraussetzung, dass ein berechtigtes Interesse vorliegt. Dieses liegt vor, wenn „Anhaltspunkte für die Gefährdung im Zusammenhang mit dem Bezug einer Leistung […], mit der Durchführung von Maßnahmen nach dem Gesetz für Jugendwohlfahrt oder nach der Jugendhilfeverordnung der Deutschen Demokratischen Republik bestehen“ (§ 9b Abs. 3 S. 1 SGB VIII-E). Unklar bleibt, wie solche Anhaltspunkte auf die Vergangenheit bezogen festzustellen sind.
Bei berechtigtem Interesse haben die zuständigen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe Personen Einsicht in die sie als Minderjährige betreffenden Erziehungshilfe-, Eingliederungshilfe-, Heim- oder Vormundschaftsakten zu gestatten und Auskunft zu den betreffenden Akten zu erteilen (§ 9b Abs.1 SGB VIII-E). Zudem wird bei berechtigtem Interesse die Aktenaufbewahrungspflicht für die oben genannten Akten auf 70 Jahre nach Vollendung des 30. Lebensjahrs ausgedehnt (§ 9b Abs. 2 SGB VIII-E).
Da die Aktenaufbewahrungspflicht bei berechtigtem Interesse ab dem Zeitpunkt der Vollendung des 30. Geburtstags beginnt, muss der Auffassung des Bundesforums nach nach davon ausgegangen werden, dass die Akten auf jeden Fall bis zum 30. Geburtstag aufzubewahren sind, also mindestens 12 Jahre nach Erreichen der Volljährigkeit. Die Praxis der Aufbewahrung von Vormundschaftsakten ist jedoch bisher uneinheitlich, bspw. werden die Akten der Vormundschaft in Baden Württemberg bisher vielfach nur 10 Jahre aufbewahrt.
Bundeseinheitliche gesetzliche Vorschriften zur Aufbewahrung von Vormundschaftsakten gibt es bisher nicht. Das DIJuF vertrat anknüpfend an die „Empfehlungen über die Aufbewahrung von Akten der Jugendämter“ des BayLJA von 2004, dass eine Aufbewahrungsfrist für Vormundschaftsakten von 30 Jahren angemessen sei, Birgit Hoffmann hält eine Aufbewahrungsfrist von mindestens 50 Jahren angesichts der Aufbewahrungsfristen für Adoptionsakten für richtig (Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Auflage 2022, Rn. 35-37).
Neben der Schwierigkeit der Klärung des berechtigen Interesses bleibt anzumerken, dass die neue Vorschrift bisher nur für behördliche Akten gilt, nicht aber die anderen Formen der Vormundschaft umfasst.
Hinweis: Im Infobrief vom März 25 wurde bereits auf dieses Gesetz hingewiesen, wobei die Fristen der Aktenaufbewahrung nicht richtig dargestellt wurden. Hier die Berichtigung.