Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e.V. hat eine kinderrechtsbasierte Vormundschaft und Kinder- und Jugendhilfe zum Ziel. Dazu gehört, dass junge Menschen gehört werden und ein demokratischer Prozess gestaltet wird, in den sie ihre Anliegen, Interessen und Positionen einbringen können.
Das Bundesforum organisiert daher – häufig mit Kooperationspartnern – kontinuierlich „Mitsprache-Prozesse“. Wir wollen Care Receiver:innen und Care Leaver:innen ermutigen, eigene Interessen zu äußern, Wünsche zu entwickeln und gemeinsam Positionen zu formulieren, die in die fachliche und fachpolitische Diskussion eingebracht werden können.
Wir ermöglichen es in Workshops, Workcamps, Fachgesprächen usw. auch, die Perspektiven Anderer wie die der Sozialen Dienste im Jugendamt, der Hilfen zur Erziehung (z.B. Wohngruppen, Pflegefamilien), Vormund:innen oder auch von Politiker:innen kennenzulereen und sich in kreativer Weise damit auseinanderzusetzen.
Die Grundsätze sollen – wieder gemeinsam mit jungen Menschen und Vormund:innen – weiter entwickelt werden.
Abgeschlossene Mitsprache-Prozesse
Ein dreitägiges Workcamp in Berlin-Brandenburg ermöglichte acht Care Leaver:innen, vier Care Receaver:innen und 12 Begleitpersonen (Vormund:innen und Fachkräfte aus Einrichtungen) eine intensive Zusammenarbeit zu der Frage, wie Kinderrechte in der Vormundschaft zu verwirklichen sind.
Die Leitfragen des Workcams waren:

Die Beteiligten erarbeiteten gemeinsam viele Materialien zu diesen Fragen:
Im April 2023 fand im Bundestag, im Familienausschuss ein großes Fachgespräch zur Vormundschaft statt, das das Bundesforum entscheidend mit vorbereitet hatte. Mit dabei: Daline Raphael sowie Jana Paul, beide Care Leaver:innen, für die Vormundschaft eingerichtet worden war.
Jana Paul sprach darüber, wie wichtig ihr Vormundin für sie war, gerade in einer Krise, in der sie ihr Raum ließ, aber an entscheidenden Punkten sofort half.

Daline Raphael dagegen hatte ihre Vormundin kaum kennengelernt und wusste als Kind nicht zwischen ihr und „dem Jugendamt“ zu unterscheiden. Ihre Erfahrungen vermittelte sie im Bundestag als „Poetry: Ich war kein böses Kind!„
Dieses Fazit wurde auf der Website des Bundestags nach dem Fachgespräch gezogen: „Mehr Zeit für die ihnen anvertrauten Kinder, weniger Fälle pro Vormund und eine bessere Qualifikation der in dem Bereich Tätigen: unter anderem darauf komme es bei der Umsetzung des kürzlich reformierten Vormundschaftsrechts an, so die Sachverständigen und Betroffenen im öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend […] zum Thema „Kinder unter Vormundschaft: Baustellen und Weiterentwicklungsbedarf der Vormundschaftsrechtsreform im BGB und SGB VIII“.
In einem zweitägigen Workshop des Bundesforums gemeinsam mit dem Bundesverband PFAD wurden sieben Care Leaver:innen, eine Jugendliche, die in einer Erziehungsstelle lebte, fünf Pflegeelternteile, die teils selbst die Vormundschaft übernommen hatten sowie vier Amtsvormund:innen zusammengebracht. Ziel war es, Themen des Zusammenwirkens zu identifizieren und Grundsätze dazu zu entwickeln. Dem Workshop folgten über mehrere Monate sieben Online-Termine, in dem die dort entstandenen Thesen weiter ausgearbeitet und schließlich veröffentlicht wurden.

Beide bereiteten sich mit dem Bundesforum ausführlich auf die Teilnahme vor.
Jana Paul machte in berührender Weise deutlich, wie wichtig für sie ihre Vormundin war, bei der sie immer Gehör fand, die sich an ihren Wünschen orientierte und ihr half, als sie nicht mehr in ihrer Pflegefamilie leben konnte. Daline Raphael dagegen, die insgesamt in 13 Pflegefamilien lebte, fand kein Gehör für ihre existenziellen Fragen, ihre Vormundinnen hatten nicht die Zeit, sich mit ihr zu beschäftigen. Das trug sie den Abgeordenten in Form eines Raps vor!
Drei der jungen Menschen brachten eigene Beiträge ein, ein Rollenspiel zur Hilfeplanung, eine Aufstellung und einen Bericht über Erfahrungen mit dem Vormund. Aus diesen Erfahrungen und einer Gruppenarbeit, in der die drei Gruppen getrennt arbeiteten, entstanden Thesen. Die erste lautet: „Gute Zusammenarbeit bedeutet, Raum dafür zu schaffen, dass das Kind gesehen wird und seine Bedürfnisse ausdrücken kann.“ Junge Menschen hatten berichtet, häufig erfahren zu haben, dass sie nicht gehört werden, Pflegeeltern und Vormund:innen waren nicht immer sicher, ob und was sie von Kindern und Jugendlichen erfahren.
Entstanden ist in sieben zusätzlichen Online-Meetings die wunderbare Broschüre „7 Thesen zur Zusammenarbeit zwischen Pflegekindern, Pflegeeltern und Vormund:innen“. Sie hat viel Aufmerksamkeit bekommen, aus ihr sind Aufsätze und Vorträge entstanden und sie wird in Workshops und Fortbildungen genutzt.
2020 ist ein wichtiges Video entstanden, das den Titel bekam „Dein Vormund ist an deiner Seite“. Gedreht hat es eine Agentur, aber die Inhalte haben drei junge Menschen, die einen Vormund hatten oder gehabt hatten und drei Vormund:innen gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Bundesforums erarbeitet. Und sie sind es auch, die im Video auftreten. Seht es euch einfach an, es dauert nur 7 Minuten!

Es werden deine Rechte erläutert, wenn du einen Vormund hast, aber auch Erfahrungen mit der Vormundschaft aus Sicht von Vormund:innen und aus Sicht von jungen Menschen.