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Infobrief Nr. 10 · November 2023

Inhaltsverzeichnis

  • Neuauflage der Online-Seminarreihe „Jugendamt und ehrenamtliche Vormundschaft“ ab Januar 2024
  • In Planung: Vertiefende Fortbildung und Austausch zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen im Jugendamt
  • „Zu Beginn habe ich mich selbst oft hilflos gefühlt...“ - Kurzinterview mit Nicole Irion zu Kommunikation mit Jugendlichen
  • Umfrage zur Situation geflüchteter junger Menschen: B-umF bittet um Beteiligung
  • Für Mitglieder kostenfrei: Austausch für Mitglieder des Bundesforums und B-umF zur aktuellen Situation unbegleiteter Minderjähriger
  • „Methodenkoffer Beteiligung“ aktualisiert
  • „Deine Rechte vor Gericht“ – Erklärfilm für Kinder veröffentlicht
  • AGJ und zentrale Verbände der Kinder- und Jugendhilfe treten aus dem „Bündnis für die junge Generation“ aus
  • Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) im Haushaltsausschuss nach Kürzung wieder aufgestockt
  • Reflexionskarten "Klare Kiste - Menschenrechte" des Instituts für Menschenrechte
  • Aktuelle Publikationen und rechtliche Hinweise
  • Tagungen und Fortbildungen

Neuauflage der Online-Seminarreihe „Jugendamt und ehrenamtliche Vormundschaft“ im Januar 2024

Da das Bundesforum viele Berichte erreichen, dass sich weitere Jugendämter auf den Weg machen, um systematisch die ehrenamtliche Vormundschaft zu fördern, wird die dreiteilige Online-Seminarreihe „Jugendamt und ehrenamtliche Vormundschaft“ mit Dr. Miriam Fritsche im Januar 2024 neu aufgelegt. In Anlehnung an die gleichnamige Orientierungshilfe und kontinuierlich bereichert durch Austausch und Erfahrungen von und mit Praktiker:innen aus dem Feld, werden in drei Modulen verschiedene Aspekte rund um die Zusammenarbeit des Jugendamts mit ehrenamtlichen Vormund:innen thematisiert: Im ersten Modul wird es um Akquise und Eignungsüberprüfung interessierter Ehrenamtlicher gehen, im zweiten Modul um Schulung, Matching und Erstellen eines begründeten Vorschlags für das Familiengericht und im dritten um Beratung, Unterstützung und Beaufsichtigung von ehrenamtlichen Vormund:innen.
Termine: jeweils freitags von 9:30 bis 12 Uhr: 26.01.2024; 02.02.2024; 09.02.2024

Hier finden Sie die Online-Anmeldung.

In Planung: Vertiefende Fortbildung und Austausch zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen im Jugendamt

In Folge unserer Fortbildungsumfrage – vielen Dank an 46 Personen für die Beantwortung! – wird das Bundesforum Fortbildungen und Austausch zur Weiterentwicklung der Konzepte für die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen entwickeln. Diese sollten an die schon bestehenden ersten Erfahrungen anknüpfen und über die von Dr. Miriam Fritsche bisher angebotene Grundlagenschulung hinausgehen.
Sollten Sie schon erste Erfahrungen und Fragen gesammelt oder andere Anregungen dazu haben, freuen wir uns über Ihre Rückmeldung an info@vormundschaft.net.

„Zu Beginn habe ich mich selbst oft hilflos gefühlt...“ - Kurzinterview mit Nicole Irion

Nicole Irion ist Diplom-Psychologin, systemische Therapeutin und Hypnotherapeutin. Außerdem arbeitet sie als Coach, ist als Supervisorin tätig und hat Konzepte für ein innovatives Jugendprojekt und ein Multifamilientherapie-Projekt in Deutschland entwickelt. Sie arbeitet darüber hinaus in einer psychosomatischen Klinik mit Jugendlichen und in eigener Praxis und ist somit breit aufgestellt.

Bundesforum: Liebe Frau Irion, Sie führen im Dezember bei uns ein zweiteiliges Online-Seminar zur Kommunikation mit Jugendlichen durch. Bei Jugendlichen unter Vormundschaft handelt es sich ja nun oft um sehr belastete Jugendliche, die teils gar kein Vertrauen mehr zu Erwachsenen haben – welche Erfahrungen haben Sie da gemacht? Irion: Zu Beginn habe ich mich selbst auch oft verunsichern lassen, manchmal habe ich mich sogar hilflos gefühlt. Das hat sich verändert, seitdem ich dem Verhalten von Jugendlichen gute Gründe, bis hin zu einer wichtigen Funktion, wie „Schutz“ unterstelle. Das heißt, dass es nicht darum geht, dass sie nicht mit mir kommunizieren wollen, sondern, dass sie z.B. Befürchtungen haben, was dann mit den Inhalten passiert, welche Konsequenzen das hat. Ich würdige sie in ihrem Bedürfnis nicht sprechen zu wollen und werbe immer wieder für Kontakt…das ist mittel- und langfristig oft hilfreich im Kontaktaufbau.
Bundesforum: Seit wann arbeiten Sie denn eigentlich schon mit Jugendlichen? Irion: Ich arbeite seit ich 16 Jahre alt bin mit Jugendlichen. Als Jugend- und Heimerzieherin war ich für längere Zeit in der Jugendhilfe tätig. Als Therapeutin arbeite ich seit 2011 mit Jugendlichen.
Bundesforum: Und woran kann ich als Fachkraft denn eigentlich erkennen, ob ich einen jungen Menschen erreicht habe und ob er mir erzählt, was ihn wirklich bewegt? Irion: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich glaube, dass wir als Fachkräfte auf unser Bauchgefühl vertrauen können. Gerade, wenn Jugendliche sich in Loyalitätskonflikten befinden und daher nicht alles sagen, spüren wir doch oft, dass das nicht alles gewesen sein kann. Dann kann man zum Beispiel Hypothesen bilden über Befürchtungen, wenn sie vielleicht jemanden nicht verletzen wollen.
Bundesforum: Eine letzte Frage. Wann und wieviel direkter Kontakt ist wichtig und welche Bedeutung hat der Kontakt über soziale Medien für eine gelingende Beziehung einer Vormundin zu einem jungen Menschen? Irion: Grundsätzlich ersetzt kein Kontakt den direkten und damit persönlicheren Kontakt. Für manche Jugendliche ist es allerdings leichter über Medien zu kommunizieren, da müssen wir es ihnen nicht unnötig schwer machen. Persönlicher Kontakt und damit verbundene Unternehmungen können jedoch die Beziehung stärken und damit zu mehr Vertrauen und damit auch Kommunikation einladen.
Bundesforum: Vielen Dank! Wir freuen uns sehr auf die Fortbildung mit Ihnen am 6. und 13. Dezember 2023!
Weitere Informationen zu Nicole Irion finden Sie auch hier.

Umfrage zur Situation geflüchteter junger Menschen. B-umF bittet um Beteiligung

Unser Mitglied, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (B-umF) hat seine diesjährige zentrale Umfrage zur Situation der unbegleiteten jungen Menschen gestartet. Die Teilnahme ist seit 9. November 2023 und noch bis 15. Dezember 2023 möglich. Der B-umF leistet schon viele Jahre unverzichtbare Arbeit in der Unterstützung junger Menschen und der sie begleitenden Fachkräfte und schrieb uns:
„Vor allem in der jetzigen Situation ist es essentiell wichtig, dass wir mit dieser Umfrage möglichst viele haupt- und ehrenamtliche im Bereich der fluchtbezogenen Arbeit und der Kinder und Jugendhilfe erreichen“.
Diese Bitte möchten wir hiermit an unsere Mitglieder und Abonnent:innen weitergeben!
In der Umfrage werden Erkenntnisse und Beobachtungen in der Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen erhoben. Es wird dokumentiert, was die jungen Menschen brauchen, was Fachkräfte benötigen, was gelingt und wo sowie unter welchen Bedingungen junge Menschen in der derzeit schwierigen Situation Perspektiven entfalten können.
Dank der Umfrage wird sichtbar, wo Kinderrechte und Menschenrechte gefährdet werden, obgleich sie die rechtliche Grundlage der Versorgung junger Geflüchteter in Deutschland bilden. Darüber hinaus wird deutlich, wie ausgrenzende und rassistische Diskurse den Lebensweg der jungen Menschen prägen und wo (fach)politischer Handlungsbedarf besteht.
Unter folgendem Link können die Ergebnisse der letzten Umfrage eingesehen werden: https://b-umf.de/material/umfrage-2021/
Ansprechpartnerinnen sind Johanna Karpenstein und Helen Sundermeyer.

Für Mitglieder kostenfrei: Austausch zur aktuellen Situation unbegleiteter Minderjähriger

Sowohl das Bundesforum als auch den Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (B-umF) erreichen zurzeit zahlreiche Fragen zum Umgang mit der aktuellen Unterbringungs- und Versorgungssituation junger Geflüchteter.
Wir haben uns daher entschlossen, einen Austausch zu den aktuellen Themen und Fragen zu organisieren. Termin ist der 17. Januar 2024 von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr. Nach einem Input soll das Format v.a. dem Erfahrungsaustausch unter den Fachkräften dienen. Bringen Sie also gerne Fragen und Anregungen mit.
Der Austausch ist kostenfrei für Mitglieder des Bundesforums und des B-umF. Für Nicht-Mitglieder kostet eine Teilnahme 50 Euro. Die Teilnahmezahl ist auf 30 begrenzt.
Hier finden Sie die Online-Anmeldung.

„Methodenkoffer Beteiligung“ aktualisiert!

Im "Methodenkoffer Beteiligung" des Bundesforums finden Sie viele Materialien, u.a. zur Information von Kindern (s. Beteiligung beginnt mit Information). Er enthält außerdem einführende Texte, Texte für die Teamarbeit und Hinweise auf Forschung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie Spiele und Kartensets, um in Kontakt zu kommen.
Neu aufgenommen wurden kürzlich beispielsweise:
Natürlich finden Sie hier auch unser Kinderbuch zur Vormundschaft „Frau Frühling hat 30 Kinder“ und die Broschüre „Dein Vormund vertritt dich“ für Jugendliche.
Da Beteiligung eines der zentralen Themen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes und auch der Vormundschaftsrechtsreform ist, entwickeln wir unseren Methodenkoffer kontinuierlich weiter und möchten ihn auf dem neuesten Stand halten. Wir freuen uns daher stets über Hinweise zu aktuellen Materialien und Texten zum Thema. Schicke Sie uns diese gern an info@vormundschaft.net.

„Deine Rechte vor Gericht“ – Erklärfilm für Kinder veröffentlicht

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) und das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) haben einen Erklärfilm für Kinder veröffentlicht. Ziel ist es, „Kinder in einer kindgerechten Art und Weise über ihre Rechte vor Gericht zu informieren“. Auch innerhalb der Vormundschaft kann es zu Anhörungen von Kindern vor Gericht kommen.
Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen hierbei nicht nur zu vertreten, sondern auch auf eine informierte Beteiligung hinzuwirken, kann der Erklärfilm Vormund:innen dabei helfen, Kinder und Jugendliche gezielt über ihre Rechte vor Gericht zu informieren.

AGJ und zentrale Verbände der Kinder- und Jugendhilfe treten aus dem „Bündnis für die junge Generation“ aus

Im Dezember 2022 gründete Bundesjugendministerin Paus das „Bündnis für die junge Generation“, um jungen Menschen mehr Gehör zu verschaffen und die Anliegen der jungen Generation verstärkt in den Mittelpunkt politischer Entscheidungen zu rücken. Am 9.11. verkündeten die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ, die Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit (BAG OKJA), die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), der Deutsche Bundesjugendring (DBJR), die Deutsche Sportjugend (dsj) und die Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI) nun den Austritt ihrer Vertretungen aus dem Bündnis. Begründet wird dies mit der mangelnden Wirkung des Bündnisses, da seit Gründung weder die Jugendpolitik gestärkt noch grundlegende Anliegen von Kindern- und Jugendlichen aufgegriffen wurden. Darüber hinaus wird die gegenwärtige Haushaltsplanung der Bundesregierung für das Jahr 2024, die den Zielen des Bündnisses durch starke finanzielle Kürzungen bei bundeszentralen Trägern direkt entgegenstehen, als Ausdruck der fehlenden Priorisierung genannt.
Eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit „mit dem Bundesjugendministerium im Interesse junger Menschen“ wird hierbei durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe versichert, jedoch auf eine „echte Koalition für junge Menschen“ gehofft, anstelle eines „losen und unverbindlichen Bündnisses“.

Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Bundesjugendring e.V. vom 10.11.2023.

Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) im Haushaltsausschuss nach Kürzung wieder aufgestockt

Aus dem KJP werden zahlreiche bundesweite Träger der Kinder- und Jugendhilfe gefördert, mit einer vergleichsweise kleinen Summe auch das Bundesforum. Am 16. November hat der Haushaltsausschuss des Bundestages getagt und den Kinder- und Jugendplan, aus dem bundesweite Strukturen in der Kinder- und Jugendhilfe finanziert werden, wieder um über 45 Millionen Euro aufgestockt.
Die erhöhten Mittel sind für bestimmte Anliegen, u.a. für die Jugendmigrationsdienste und für Respect Coaches an Schulen gedacht, auch das Bundesforum soll 2024 weiter gefördert werden.
Angesichts der Inflation und der gestiegenen Gehälter liegt die Förderung der bundeszentralen Träger der Kinder- und Jugendhilfe allerdings weiterhin deutlich unter dem Bedarf. Die Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe hatte daher gemeinsam mit mehr als 50 Organisationen, unter ihnen das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e.V., einen Aufruf an die Haushaltspolitiker:innen im Bundestag gerichtet, den Kinder- und Jugendplan (KJP) aufzustocken, der zuvor im Haushaltsplan massiv gekürzt worden war.

In diesem Aufruf hieß es: “Der Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) ist das zentrale Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene. Die hier eingesetzten Mittel kommen jungen Menschen zugute, indem bundeszentrale Träger aus allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe in die Lage versetzt werden, verschiedenste Aufgaben zugunsten junger Menschen und ihrer Familien nach § 2 SGB VIII zu erfüllen. Umso unverständlicher ist es für uns, dass gerade hier im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2024 der Rotstift angesetzt wurde und Kürzungen in Höhe von rund 19 % vorgesehen sind. Kürzungen diesen Ausmaßes sind einmalig in der mehr als 70jährigen Erfolgsgeschichte des KJP und führen – werden sie nicht gestoppt – ab 2024 zur Aushöhlung der bundeszentralen Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, etwa durch den Abbau von pädagogischen Fachkräften oder Einschränkungen des Leistungsangebots und der Zahl der erreichten Kinder und Jugendlichen.”

Bildungsmaterial "Klare Kiste - Menschenrechte"

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat eine 2. Auflage des Bildungsmaterials „Klare Kiste – Menschenrechte“ veröffentlicht.
Dazu gehören 72 Karten im DIN A5 Format zu Menschen- und auch explizit Kinderrechten. Jede Karte enthält hierbei einen Einführungstext, Reflexionsfragen und Impulse für den Alltag, wobei insgesamt sieben Themen, zu denen auch Inklusion, Partizipation und Schutz vor Diskriminierung gehören, aufgegriffen werden.
Interessierte können die Materialien nutzen, um für die Bedeutung von Kinderrechten zu sensibilisieren und diese auf die pädagogische Praxis zu beziehen, um bewusste Reflexion zu fördern. Dies kann beispielsweise in Bildungskontexten oder im Rahmen von Qualitätsentwicklungsprozessen genutzt werden.
Die „Klare Kiste – Menschenrechte“ kann gegen eine Schutzgebühr und Porto bestellt oder digital bezogen werden.

Aktuelle Publikationen und rechtliche Hinweise

Brenner (2023): Unbegleitete Minderjährige Ausländer (UMA): Wie die Jugendarbeit ihre gesellschaftliche Integration unterstützen kann.

In diesem Buch werden die rechtliche Situation von unbegleiteten minderjährigen Ausländer:innen sowie die besonderen Herausforderungen der Kommunen und Einrichtungen skizziert. Außerdem wird „methodisches Know-how“ für Ehrenamtliche aus Jugendverbänden und anderen Feldern der Jugendarbeit dargestellt, durch das junge Ausländer:innen bei ihrer Integration unterstützt werden können.

Gembalczyk (2023): Externe Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe

Als Fachreferentin der Ombudschaft Jugendhilfe NRW beschreibt Sabine Gembalczyk in diesem Buch Herausforderungen der Ombudschaft, die in Zukunft aktiv gestaltet werden müssen, um Kinder und Jugendliche bei der Verwirklichung ihrer Rechte zu unterstützen. Hierbei sind Spannungsfehler wie Machtausgleich, Parteilichkeit und die Verbindung zu der UN-Kinderrechtskonvention von großer Bedeutung.

Paritätischer Wohlfahrtsverband (2023): Das KJSG - Besserer Kinderschutz, mehr Partizipation und Teilhabe für ALLE

Dieses Arbeitsbuch gibt Orientierung über zentrale Themen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) und erläutert, was die Neuerungen für einzelne Bereiche in der Praxis bedeuten. Durch gezielte Umsetzungsimpulse sollen so beispielsweise Beteiligung und Rechte von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen aufwachsen gestärkt werden.

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im familiengerichtlichen Verfahren

Bundesverfassungsgericht (BverfG) vom 30.08.2023 - 1 BvR 1654/22 -
In dieser Entscheidung hob das BVerfG einen Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg auf. Das OLG hatte eine Amtsvormundschaft für Zwillinge bestellt, die mit großer Wahrscheinlichkeit von einer ukrainischen Leihmutter ausgetragen wurden. Das Gericht hatte auf Beschwerde des Jugendamts hin entschieden, dass die Bezugsperson (nach ihrem Verständnis die Mutter) rechtlich gesehen nicht sorgeberechtigt sei (§§ 1591ff BGB) und daher eine Vormundschaft anzuordnen sei (§ 1773 BGB). Da die Interessen der Bezugsperson an ihrer Mutterschaft möglicherweise von den Interessen der Kinder abwichen, könne sie außerdem nicht zur Vormundin bestellt werden, so dass mangels eines geeigneten Dritten das Jugendamt zu bestellen sei.
Das BVErfG rügt nun vor allem, dass das Recht der Bezugsperson der Kinder und Beschwerdeführerin sowie ihres Ehemannes auf rechtliches Gehör verletzt worden und das Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die Eheleute, die die Beschwerde führten, hatten darauf hingewiesen, dass das Jugendamt angekündigt habe, die Kinder aus ihrem Haushalt herauszunehmen. Zum Zeitpunkt des Kammerbeschlusses hatte das Jugendamt schon erfolglos ein Verfahren nach §§ 1666/1666a BGB angestrengt und die Kinder auch schon für mehrere Wochen in Obhut genommen, bis eine Rückführungs- und Verbleibensanordnung ergangen war.
Kommentar: Die Entscheidung ist vor allem interessant, da anzunehmen ist, dass die Vorgeschichte u.a. Vorbehalte gegenüber der in Deutschland nicht erlaubten Leihmutterschaft reflektiert. Es ist offensichtlich nicht immer einfach, die Interessen bzw. das Wohl eines Kindes von der Frage zu trennen, ob es „rechtens“ geboren wurde. Diese Vermutung stützt sich allerdings nur auf die vorliegende Kammerentscheidung, - der vorangehende OLG-Beschluss ist nicht veröffentlicht und weitere Dokumente liegen nicht vor.

Evaluierung des Gesetzes zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehalts für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern

Beauftragt durch das Bundesministeriums der Justiz (BMJ) hat das Zentrum für Sozialforschung Halle (ZSH) den seit 2017 geltenden familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehalt für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern (§ 1631b Absatz 2 BGB) evaluiert und einen Bericht dazu vorgelegt. Die Vorschrift hatte vorgesehen, dass Maßnahmen der Genehmigung des Familiengerichts bedürfen, wenn sie dazu führten, dass ein minderjähriges Kind „das sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig in nicht altersgerechter Weise die Freiheit entzogen werden soll.“ Während das ZSH der Vorschrift insgesamt eine positive Bilanz zuschreibt, weist es jedoch zugleich auf einen Verbesserungsbedarf hin. Betroffene Akteure sollten besser informiert und sensibilisiert werden und auch unbestimmte Rechtsbegriffe und die Vielfalt von Entscheidungen schaffen in der Praxis Unsicherheiten. Dennoch wird die Einführung der Vorschrift insgesamt positiv bewertet.

Tagungen und Fortbildungen

Veranstaltungen des Bundesforums


Hilfeplanung nach dem KJSG: Rolle und Aufgaben von Fachkräften der Hilfen zur Erziehung und Vormund:innen

am Montag, 27. November – Dienstag, 28. November 2023
Für schnell Entschlossene: Kurzfristig sind hier 2 Plätze frei geworden. Melden Sie sich bei Interesse gern über unsere Website an oder rufen uns an! (01590 / 8462589)
Referentin: Petra Hiller
Ort: ParkHotel Kolpinghaus Fulda
Kosten: 380 Euro bzw. 330 Euro für Mitglieder des Bundesforums
Anmeldung: online oder per E-Mail

Gelingende Kommunikation mit Jugendlichen!

am Mittwoch, 6. Dezember und 13. Dezember jeweils von 09:30 – 12:30 Uhr
Referentin: Nicole Irion, systemische Psychotherapeutin
Ort: online
Kosten: 260 Euro bzw. 195 Euro für Mitglieder des Bundesforums
Anmeldung: online
In dieser Fortbildung gibt die im Umgang mit Jugendlichen erfahrene systemische Therapeutin Nicole Irion eine Einführung in die Grundlagen einer motivierenden Gesprächsführung mit Jugendlichen. Die Erfahrungen der Teilnehmer:innen werden dabei einbezogen und deren Ansätze im Austausch miteinander weiterentwickelt.

Sonstige Veranstaltungen

Schutzkonzepte in der Pflegekinderhilfe

am Donnerstag, 30.11. und Freitag, 01.12.2023 jeweils 9.30 - 14.30 Uhr
Veranstalter: Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH)
Referentin: Tanja Rusack
Ort: online
Kosten: 130 Euro (Einzelmitglieder), 140 Euro (Mitgliedseinrichtungen), 150 Euro (Nichtmitglieder)
Anmeldung: online
Die Fortbildung vermittelt ein grundlegendes Verständnis von Schutzkonzepten als Organisationsentwicklungsprozesse und greift aktuelle Diskurse auf. Hierzu werden aus dem Projekt „FosterCare“ Ergebnisse, entwickelte Qualitätsstandards und Praxismaterialien vorgestellt und Fragen sowie Anregungen der Teilnehmer*innen diskutiert. Im Fokus steht der direkt praxisnahe Austausch – in der Gesamtgruppe, aber auch in Kleingruppen – wie Schutzkonzepte in der Praxis verwirklicht und gelebt werden können.

Grundlagenschulung für die Arbeit mit (un)begleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen im Januar

am Montag, 22.01. von 10:00 - 13:30 Uhr
Veranstalter: Bundesverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (BUMF)
Referent:innen: Adora Udogwu, Lennart Scholz und Livia Giuliani
Ort: online
Kosten: 80 Euro für Mitglieder, 120 Euro für Nichtmitglieder
Anmeldung: online
Die Schulung richtet sich an angehende Fachkräfte und Fachkräfte, die neu in die Arbeit mit geflüchteten jungen Menschen eingestiegen sind oder einsteigen. Qualifizierung, Austausch und Reflexionen zur eigenen Arbeitshaltung sind in dem Arbeitsbereich unerlässlich. Die Grundlagenschulung vermittelt praxisnah jugendhilferechtliche und asyl- und aufenthaltsrechtliche Grundlagen, Informationen zu Vormundschaft und ihrer Rolle im Asylsystem sowie zur Begleitung und Übergangsgestaltung von und mit jungen volljährigen Geflüchteten.
Neben den Schulungsinhalten wird es Raum für interaktiven Austausch und zur Reflexion der Herausforderungen und Haltungen im Arbeitsalltag geben.

Jugendhilfe nachgefragt! Ein Forum für Fragen und Antworten

am Montag, 15. und Dienstag 16.01.2024
Veranstalter: Kompetenzzentrum Pflegekinder
Ort: Jugendherberge Ostkreuz Berlin
Kosten: 80 Euro für Fachkräfte, 20 Euro für Schüler:innen/Studierende, kostenfrei für beteiligte Pflegekinder und Careleaver:innen
Anmeldung: online
Mit dem neuen Projekt „Jugendhilfe nachgefragt!“, gefördert durch die Aktion Mensch, reagiert das Kompetenzzentrum Pflegekinder e. V. auf die Neuerungen im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (2021), in dem Beteiligung von jungen Menschen als Subjekte und Expert:innen in ihrem eigenen Leben als Leitgedanke und zentrale Forderung formuliert ist. Aus fachlicher Sicht ist Beteiligung das zentrale Verbindungsstück der Interaktion zwischen Jugendhilfe und Pflegekind und essentiell wichtig für eine gut gestaltete Begleitung der jungen Menschen in ihrer Entwicklung.
Im Projekt kooperiert das Kompetenzzentrum Pflegekinder mit 5 Trägern der Pflegekinderhilfe und hat 5 x 5 junge Menschen eingeladen, ihre Fragen an die Jugendhilfe zu stellen und auf der Suche nach Antworten auch den direkten Kontakt zu Vertreter:innen der Jugendhilfe zu suchen.
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