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Infobrief Nr. 8 · September 2023

Inhaltsverzeichnis

  • Fortbildungsprogramm im Herbst 2023/Wiederholung Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren
  • Vorstand und Bundesnetzwerk im Bundesforum neu gewählt!
  • Broschüre „Dein Vormund vertritt dich“ wieder gedruckt erhältlich
  • Workcamp in Berlin: Vormundschaft neu denken!
  • Lexikon-Artikel „Vormundschaft“ auf Socialnet.de erschienen
  • Kurzgutachten zur Fortzahlung der Vergütung für ehrenamtliche Vormund:innen bei Wahrnehmung von Behördenterminen veröffentlicht!
  • Reflexionsbogen zur Beteiligung für Einrichtungsaufsicht auch für die Vormundschaft interessant
  • Kindeswohlgefährdungen 2022: Neuer Höchststand mit 4 % mehr Fällen als 2021
  • „Initiative Brückensteine Careleaver“ veröffentlicht kostenloses digitales Unterstützungsangebot „Cariboo“
  • Prüfungsschema „Auswahl des am besten geeigneten Vormunds“ für Familiengerichte
  • Aktuelle rechtliche Informationen
  • Aktuelle Publikationen
  • Tagungshinweise und sonstige Veranstaltungen

Fortbildungsprogramm im Herbst 2023/Wiederholung Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren

Im August haben Sie unseren Sondernewsletter Fortbildungen bekommen. Für alle, die ihn in den Ferien bekamen, finden Sie hier noch einmal in Kurzform unserer Seminar-Angebote, die wir entsprechend einer Umfrage an Sie konzipiert haben:
Pflegeeltern als Vormund und Möglichkeiten zur Sorgeteilung
am 24.10.2023 von 09:00 bis 12:15 Uhr
Einführung in die Interaktionsbeobachtung als Mittel der Beteiligung von kleinen Kindern
am 10.11.2023 von 09:00 bis 12:00 Uhr
Kinder und Jugendliche mit FASD
am 16.11.2023 von 09:00 bis 12:30 Uhr
Zusammenarbeit von Familiengericht und Jugendamt nach der Vormundschaftsrechtsreform
am 21.11.2023 von 09:00 bis 12:00 Uhr
Hilfeplanung nach dem KJSG: Rolle und Aufgaben von Fachkräften der Hilfen zur Erziehung und Vormund:innen
am 27.11./28.11. von 12:00 bis 16:00 Uhr
Gelingende Kommunikation mit Jugendlichen!
am 06.12./13.12. von 09:30 bis 12:30 Uhr
Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren
am 21. Februar 2024 von 10:00 bis 13:00 Uhr


Das Seminar zur Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren findet als Wiederholung des Seminars am 10.10.2023, das einschließlich Warteliste ausgebucht ist.

Vorstand und Bundesnetzwerk im Bundesforum neu gewählt!

Auf der Mitgliederversammlung am 21. September wurden die Mitglieder des Vorstands und des Bundesnetzwerk nach vier Jahren neu gewählt. Weiterhin im Vorstand vertreten sind: Edda Elmauer, Katholische Jugendfürsorge Regensburg und Henriette Katzenstein, Arbeitsbereich Sozialpädagogik Freie Universität Berlin. Neu hinzugewählt wurden: Matthias Bisten in ehrenamtlicher Funktion (beruflich tätig als Fachberater beim Landschaftsverband Rheinland); Markus Niebuhr, academic lecturer, IU Internationale Hochschule und ehrenamtlicher Vormund; Laurette Rasch, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin, Fachgebiet Public Health mit dem Schwerpunkt Familiengesundheit und partizipative Forschung; Ingo Socha, Richter am Amtsgericht Lübeck und Eric Theismann, Berufsvormund in Oldenburg.
Die 29 neu gewählten Mitglieder des Bundesnetzwerks finden Sie hier. Das Bundesforum ist mit dem neuen Vorstand und Bundesnetzwerk wieder interdisziplinär mit vielen engagierten Personen aufgestellt: Neben allen Formen der Vormundschaft sind die Hilfen zur Erziehung, die Pflegekinderhilfe, Careleaver, das Familiengericht (Richter und Rechtspflegerin), Fachinstitutionen und Wissenschaft vertreten. Wir gratulieren allen neu Gewählten zur Wahl und freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Broschüre „Dein Vormund vertritt dich“ wieder gedruckt erhältlich

Nachdem die vom Bundesforum, DIJuF und IGfH gemeinsam erstellte Broschüre „Dein Vormund vertritt dich“ in kürzester Zeit vergriffen war, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sie in hohen Auflage von 50.000 Exemplaren nachgedruckt. Sie kann ab sofort hier wieder bestellt werden. Pro Bestellung sind maximal 100 Exemplare erhältlich.

Workcamp in Berlin: Vormundschaft neu denken!

Das Bundesforum organisiert derzeit gemeinsam mit Careleaver e. V. und dem Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) ein interaktives Workcamp für Jugendliche und junge Erwachsene, die einen Vormund haben oder hatten sowie für Fachkräfte, die als Vormund:in arbeiten bzw. mit Vormundschaft beruflich oder als Vollzeitpflegepersonen vertraut sind, sowie auch ehrenamtliche Vormund:innen.
Ziel des Workcamps ist es, gemeinsam mit anderen jungen Menschen, Fachkräften und Pflegeeltern zu überlegen, wie die neuen Rechte der jungen Menschen laut § 1788 BGB im Alltag verwirklicht werden können und wo sowohl junge Menschen als auch Fachkräfte, Pflegeeltern und ehrenamtliche Vormund:innen Unterstützung benötigen.
Die Ergebnisse werden in unterschiedlichen Workshops in Form von schriftlicher Dokumentation, Podcasts und/oder von Video-Clips gesichert, sodass sowohl Kinder und Jugendliche als auch junge Erwachsene und Fachkräfte/Vollzeitpflegepersonen sich mit ihren Interessen und Themen einbringen können und das Erarbeitete anschaulich dargestellt wird.

Das Wichtigste in Kürze:
Wann: 10. – 12. November 2023 (die Workshops finden am 11./12. November statt) Wo: Berlin
Kosten: Unterkunft und Verpflegung für „Care Receiver“, Careleaver und Begleitpersonen werden übernommen und auch die Fahrtkosten für diese Zielgruppen können im Nachgang vom Careleaver e. V. erstattet werden (siehe Fahrtkostenrichtlinien). Auch für Vormund:innen, Fachkräfte und Vollzeitpflegepersonen, die als Begleitpersonen gemeinsam mit unter 16-Jährigen jungen Menschen teilnehmen ist eine Kostenübernahme möglich. Für alle anderen fällt eine geringe Teilnahmegebühr an.
Da uns eine ausgeglichene Teilnahme der unterschiedlichen Interessengruppen wichtig und auch die Teilnehmendenzahl limitiert ist, freuen wir uns, wenn Sie sich bei Fragen und Interesse zunächst per E-Mail bei leon.schlotfeldt@vormundschaft.net melden.
Anmeldeschluss für das Workcamp ist der 04. Oktober 2023.

Lexikon-Artikel „Vormundschaft“ auf Socialnet.de erschienen

Frisch erschienen finden Sie einen Lexikonbeitrag zur Vormundschaft in „Socialnet”, der – nicht zu lang, aber auch nicht zu knapp – in die Grundlagen der Vormundschaft einführt und auf weiterführende Literatur verweist. Der Beitrag wurde auf Anfrage von Leon Schlotfeldt, Referent des Bundesforums und Henriette Katzenstein verfasst. Verweisen Sie zur grundlegenden Information und Einführung in die aktuellen gesetzlichen Veränderungen durch die große Vormundschaftsrechtsreform gerne darauf.

Socialnet ist ein Anbieter für Fachinformationen zum Sozial- und Gesundheitswesen. Das „Lexikon“ umfasst im Bereich „Kinder- und Jugendhilfe” inzwischen 558 Artikel zu einer Vielzahl von Begriffen. Das Portal bietet außerdem Rezensionen von Fachbüchern (sehr wertvoll vor einer Anschaffung), einen Kalender mit Fachveranstaltungen und einen Stellenmarkt. Schauen Sie selbst hier.

Kurzgutachten zur Fortzahlung der Vergütung für ehrenamtliche Vormund:innen bei Wahrnehmung von Behördenterminen

Im Zuge einer ehrenamtlichen Vormundschaft ergab sich die Frage, ob Vormund:innen, die Behördentermine in ihrer Arbeitszeit wahrnehmen müssen, Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung haben. Das Bundesforum hat dazu ein Kurzgutachten bei Rechtsanwalt Tonio Boger in Auftrag gegeben, dass zu dem Schluss kommt, dass dieser Anspruch nach § 616 BGB besteht, wenn er nicht arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen wurde. Das Kurzgutachten steht ab sofort als Expertise auf unserer Homepage für Sie bereit.

Reflexionsbogen zur Beteiligung für Einrichtungsaufsicht auch für die Vormundschaft interessant

Robin Loh, ehemaliger Referent des Bundesforums und jetzt in einem Ministerium tätig, hat im Rahmen seiner Dissertation einen Reflexionsbogen entwickelt, der sich damit beschäftigt, ob und wie in Einrichtungen Beteiligung gelebt wird. Für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe und für Vormund:innen, die sich Gedanken darüber machen, wie ein Kind oder Jugendliche:r in einer Einrichtung aufgehoben ist oder die im Team über ihre Erfahrungen mit bestimmten Einrichtungen diskutieren (wollen), ist der Bogen ein interessantes und hilfreiches Instrument.

Kindeswohlgefährdungen 2022: Neuer Höchststand mit 4 % mehr Fällen als 2021

In einer Pressemitteilung vom 2. August 2023 berichtet das Statistische Bundesamt von einem neuen Höchststand der Kindeswohlgefährdungen im Jahr 2022. Die Jugendämter prüften nach entsprechenden Hinweisen insgesamt 203.700 Fälle und stellten rund 62.300 Kindeswohlgefährdungen fest, das sind 2.300 Fälle oder 4 % mehr als im Jahr 2021. In weiteren 68.900 Fällen lag „nach Einschätzung der Behörden zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber ein erzieherischer Hilfebedarf“ vor.
Auch langfristig ist die Anzahl der Kindeswohlgefährdungen angestiegen: „In den Jahren von 2012 bis 2022 betrug der Anstieg rund 24.000 Fälle beziehungsweise 63 %. Dabei nahmen die Fallzahlen von 2017 bis einschließlich dem ersten Corona-Jahr 2020 besonders kräftig zu -und zwar jährlich um 9 % bis 10 %. Im zweiten Corona-Jahr 2021 sanken sie dann leicht ( 1 %), um im Jahr 2022 mit 4 % wieder moderat zu wachsen.“
Quelle: Meldung des Statistischen Bundesamts (Destatis), Wiesbaden, 02. August 2023

„Initiative Brückensteine Careleaver“ veröffentlicht kostenloses digitales Unterstützungsangebot „Cariboo“

Interessant für Jugendhilfefachkräfte und Vormund:innen, die mit jungen Menschen arbeiten, welche sich dem Erwachsenwerden nähern: Die Cariboo App der Initiative Brückensteine Careleaver soll Menschen mit Jugendhilfeerfahrung beim Übergang in ein selbstständiges Leben unterstützen. Sie bietet hierzu unter anderem eine Frage-Antwort-Funktion, Checklisten sowie einen Chat mit Fachkräften. Die App kann sowohl im Play Store als auch im App Store heruntergeladen werden und steht auch als Website im Browser zur Verfügung.
Bei Interesse an Flyern, Plakaten oder einem Workshop, kann jederzeit kostenlos und unverbindlich unter info@cariboo-online.de Kontakt aufgenommen werden.

Prüfungsschema zur Auswahl des Vormunds für Familiengerichte

Im Januar 2023 erschien das Buch „Vormundschaft und Pflegschaft in der Rechtspraxis - Das neue Recht ab 1.1.2023“ von Ingo Socha, Richter am Amtsgericht Lübeck. Neben mehreren Übersichten und Praxistipps findet sich hier auch ein Prüfungsschema zur Auswahl des Vormunds, welches nun kostenlos zur Verfügung steht.
Das Prüfungsschema gibt hierbei einen Überblick darüber, wie die Kriterien zur Auswahl der: Vormund:in nach §§ 1778 und § 1779 BGB und insbesondere der Vorrang der ehrenamtlichen Vormundschaft in das familiengerichtliche Verfahren eingehen können. Die neuen Normen zur Auswahl von Vormund:innen sind ein wichtiger Bestandteil des neuen Vormundschaftsrechts. Sie werden u.a. in einem Arbeitskreis des Deutschen Familiengerichtstages am 23.9.23 diskutiert, der von Prof. Dr. Barbara Veit und Ingo Socha geleitet wird . Wir sind gespannt auf die Ergebnisse!

Aktuelle rechtliche Hinweise

Regierungsentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz (SBGG-RegE)

Das Bundeskabinett hat am 23.08.2023 den Regierungsentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz (SBGG-RegE) beschlossen, welches die Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister und/oder Vornamen durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Standesamt ermöglichen soll. Der Gesetzentwurf enthält Regelungen für Minderjährige, die für Vormund:innen relevant sind.
Laut Entwurf können Jugendliche zwischen dem vollendeten 14. und 17. Lebensjahr ihre Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und/oder des Vornamen nur selbst abgeben, bedürfen jedoch der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter:innen bzw. des Familiengerichtes: „Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht“ (§ 3 Abs. 1 SBGG-RegE).
Für Kinder unter 14 Jahren sieht der Entwurf vor, dass ausschließlich die gesetzlichen Vertreter:innen die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (§ 2) abgeben dürfen (§ 3 Abs. 2 SBGG-RegE), wobei „nach § 1626 Absatz 2 BGB die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem und verantwortungsvollem Handeln zu“ berücksichtigt werden müssen.
Für Kinder unter 14 Jahren, die eine:n Vormund:in haben, also nicht durch ihre Eltern vertreten werden, macht die Gesetzgebung einen Unterschied: Vormund:innen von Unter-14-Jährigen müssen in jedem Fall die Genehmigung des Familiengerichts einholen (§3 Abs. 2 SBGG-RegE), während sorgeberechtigte Eltern von Kindern unter 14 Jahren einer solchen Genehmigung nicht bedürfen. Der "Maßstab für die Genehmigung des Familiengerichts“ soll dabei sein, „dass die Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen unter Berücksichtigung der Mündelrechte dem Wohl des Mündels nicht widerspricht" (SBGG Reg-E: 42). Es ist allerdings fraglich, ob die, die größeren Hürden durch die familiengerichtliche Genehmigungspflicht für unter 14-jährige Kinder, die eine:n Vormund:in haben, gerechtfertigt sind. Das Risiko, dass Vormund:innen vorschnell und ohne genaue Abklärung des Willens und der Interessen des Kindes eine Änderung des Geschlechtseintrags oder Vornamens vornehmen, scheint gering. Zudem ist ohnehin vorgesehen, dass das Familiengericht „jederzeit von Amts wegen oder auf Anregung der Beteiligten (des Minderjährigen, der Eltern) wie auch Dritter (dem Jugendamt, Beratungsstellen, Vertrauenspersonen) tätig werden“ kann.
Hier gehts zum Regierungsentwurf des Selbstbestimmungsgesetzes

Rechtsgutachten DIJuF: Themengutachten Erbrecht – Ausschlagung der Erbschaft, insbesondere durch den Vormund
TG-1145

Ein neues Themengutachten des DIJuF behandelt umfassend Fragen zur Erbausschlagung. Darum wann eine Erbausschlagung empfehlenswert ist, welche Fristen und Formerfordernisse es gibt und wann eine familiengerichtliche Genehmigung nötig ist. Das Gutachten enthält Handlungsempfehlungen und hilfreiche Formulierungen. Ein kleiner Wermutstropfen könnte sein, dass mögliche Alternativen zur Ausschlagung der Erbschaft, etwa die Nachlassverwaltung nur am Rande gestreift werden. Alternativen zur Erbausschlagung können wichtig sein, wenn die: minderjährige Erb:in großes Interesse an persönlichen Gegenständen im Nachlass hat.
Die Themengutachten des DIJuF sind über das Portal KIJuP erhältlich, das allen Jugendämtern als Mitgliedern des DIJuF zugänglich ist und von anderen hier bestellt werden kann.

Erfolglose Verfassungsbeschwerde von langjährigen Pflegeeltern gegen Wechsel in eine andere Pflegefamilie BVerfG 28.8.2023 – 1 BvR 1088/23

Nachdem ein Pflegekind für vier Jahre in einer Pflegefamilie lebte, zeigten sich Entwicklungsverzögerungen, vermutlich in Folge eines Drogenkonsums der leiblichen Mutter während der Schwangerschaft. Das Pflegekind wurde daraufhin bei anderen Pflegeeltern untergebracht, die aufgrund ihrer jeweiligen beruflichen Tätigkeit mit den Störungsbildern des Kindes vertraut sind. Die ursprünglichen Pflegeeltern des Kindes legten daraufhin Verfassungsbeschwerde ein und beriefen sich auf Art. 6 Abs. 1 GG, durch den die Familie unter besonderem Schutze der staatlichen Ordnung steht. Das BVerfG lehnte die Beschwerde ab und begründete: „Bei einem Wechsel von einer Pflegefamilie in eine andere kommt es maßgeblich auf das Wohl des Kindes an. Ist zu erwarten, dass diesem mit einem Wechsel der Pflegefamilie trotz des Bindungsabbruchs zu den bisherigen Pflegeeltern eher gedient ist, setzen sich die Interessen des Kindes gegen die seiner vormaligen Pflegeeltern durch.“ (BVerfG Pressemitteilung Nr. 79/2023 vom 7.9.2023)

Ergänzungspflegschaft in Strafverfahren gegen einen Elternteil

OLG Frankfurt a. M. - 25.5.2023 – 6 UF 55/23

Das OLG hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Eltern Beschwerde gegen die Bestellung eines Ergänzungspflegers erhoben hatte. Den Eltern waren Teile der Sorge (Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitssorge) für ihre Zwillingskinder bereits entzogen worden und das Jugendamt war als Ergänzungspfleger bestellt. Die Rechtspflegerin des Familiengerichts hatte nun einen Rechtsanwalt für die Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren für eines der Kinder bestellt und dessen Eignung mit seinen besonderen Kenntnissen im Strafverfahren wegen des Verdachts der Misshandlung gegen den Vater begründet. Die Eltern wollten die Bestellung der Großeltern durchsetzen.
Das Oberlandesgericht gab der Entscheidung des Amtsgerichts insofern Recht, als die Großeltern in diesem Fall nicht geeignet seien. Allerdings sei nach neuem Recht die Bestellung zweier Vormund:innen bzw. Ergänzungspfleger:innen nur noch im Fall einer gemeinschaftlichen Vormundschaft von Ehegatten (§ 1775 BGB iVm § 1813 Abs. 1 BGB) oder nach den §§ 1776 BGB neben einer ehrenamtlichen Vormundschaft bzw. 1777 BGB im Zusammenspiel von Vormund:in und Pflegeelternteil möglich. Die Möglichkeit neben dem Jugendamt als Ergänzungspfleger eine weitere Ergänzungspflegschaft einzurichten scheide daher aus und das Jugendamt sei zusätzlich als Ergänzungspfleger im Strafverfahren zu bestellen.
Hinweis: Neben dem Jugendamt als Vormund oder Ergänzungspfleger kann – wie das OLG zu Recht annimmt - keine weitere Ergänzungspflegschaft bestellt werden. In Fällen, in denen Expertise benötigt wird, die die Amtsvormund:in nicht vorhält, muss sie sich von Kolleg:innen und dem Rechtsamt beraten lassen oder – wenn dies möglich ist – eine Rechtsanwält:in beauftragen.
Ausführlichere Hinweise zu dieser Entscheidung finden Sie im JAMT, H.9 2023, S. 424 ff.

Aktuelle Publikationen

Kinderbuch „Deine Rechte als Pflegekind“

Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat ein „Büchlein“ speziell für junge Pflegekinder von 2 bis 8 Jahren herausgegen, dass ihnen ihre Rechte erklärt. Mit dem liebevoll gestalteten kleinen Kinderbuch soll Bewusstsein für die individuellen Rechte von Kindern geschaffen werden.
Es hat ein handliches Format, das gut eingesteckt werden kann, eignet sich gut zum Vorlesen und kann auch von Vormund:innen genutzt werden, um Kindern in Pflegefamilien anschaulich ihre Rechte zu erklären. Es steht digital als Download bereit, zudem können bis zu 10 Broschüren kostenlos beim Ministerium bestellt werden. Ab sofort ist das Büchlein auch hier in unserem "Methodenkoffer Beteiligung" zu finden.

Fachmaterialien "Ermutigung zu mehr Beteiligung in der Hilfeplanung" (digitales Set) des Kompetenzzentrum Pflegekinder (2021)

Das Fachmaterial hinsichtlich Beteiligung in der Hilfeplanung umfasst „3 Kurzfilme von Pflegekindern sowie 2 Fachbroschüren mit Anregungen für die Praxis“. Die Materialien entstanden im Rahmen des Projekts “Wir mischen mit!” (2018-2021), einem spannende Projekt hinsichtlich mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen aus Pflegefamilien in der Hilfeplanung.

7 Thesen zur Zusammenarbeit zwischen Pflegekindern, Pflegeeltern und Vormund:innen

Aufsatz im Forum Erziehungshilfen Nr. 3, S. 179-182 erschienen Ein Aufsatz von Carmen Thiele und Henriette Katzenstein zu den 7 Thesen zur Zusammenarbeit zwischen Pflegekindern, Pflegeeltern und Vormund:innen, welche 2021 in einem Workshop durch Careleaver:innen, Pflegeeltern und Amtsvormund:innen erarbeitet wurden, ist kürzlich im Forum Erziehungshilfen erschienen.

Guy Walther „Zur Aktenherausgabe des Jugendamts als Amtsvormund/-pfleger bei einem Wechsel der Vormundschaft/Pflegschaft nach § BGB § 1872 Abs. BGB § 1872 Absatz 4 BGB“, DAS JUGENDAMT, Heft 9 2023, S. 369ff.

Der Aufsatz diskutiert den Umfang, Zeit, Form, Ort der Herausgabepflichten von Akten bei einem Vormundschaftswechsel, auch etwa vom Amts- zur: ehrenamtlichen Vormund:in. Eben so werden Anforderungen an die Aktenführung diskutiert.

Tagungshinweise

FACHKRÄFTE IN DER MANGEL?! Fachkräfteentwicklung in den erzieherischen Hilfen

am Montag, den 25. September 2023
Veranstalter: Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen
Ort: Dortmund
Kosten: 60€ bzw. 50€ für Mitglieder der IGfH
Anmeldung: Link zur Anmeldung
Im Rahmen des Fachtages der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) und des Instituts für Sozialpädagogik der Technischen Universität Dortmund soll unterschiedlichen Akteur*innen aus den erzieherischen Hilfen die Möglichkeit geboten werden, sich auszutauschen und gemeinsam an Perspektiven zu arbeiten. Es geht um wechselseitige Erwartungen, aber auch um Ideen zur Gestaltung der Hilfen sowie um den Umgang mit den Anforderungen an Einrichtungen, den ASD und den PKD. Im Mittelpunkt der Tagung stehen Dialogforen mit den Schwerpunkten Qualifizierungsanforderungen an Fachkräfte, Anforderungen an die Ausbildung von Fachkräften, strukturelle Anforderungen und notwendige Bedingungen der Fachkräfteförderung in Organisationen sowie Begleitung des Berufseinstieges von Fachkräften. Zum Schluss fragt der Fachtag „Was ist zu tun?“. Wer kann hier was leisten? Wie rahmen sich Initiativen und Ideen zum Umgang mit den Folgen des Fachkräftemangels in der Sozialpolitik?

Save the date: DJHT – DEUTSCHER KINDER- UND JUGENDHILFETAG

vom 13. bis 15. Mai 2025 in Leipzig
Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe
Interessierte können 2024 ihre Vorschläge für Veranstaltungen und die Fachmesse einreichen.
https://www.jugendhilfetag.de/
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