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Infobrief Nr. 14 · Dezember 2020

Sehr geehrte*r reader reader
mit diesem Infobrief, der in neuem Gewand erscheint, möchten wir Ihnen fröhliche Weihnachten und zeitgleich einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen in der Hoffnung, dass im kommenden Jahr wieder häufiger persönliche Begegnungen möglich sind.

Inhaltsverzeichnis

  • Neuerscheinung: Kommentierung des Vormundschaftsrechts
  • ForumTransfer: „Die Kinder- und Jugendhilfe muss während des Lockdowns offen bleiben!“
  • Wiederholung: Seminar zur Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren
  • Kurzinterview: „Minutengenaue Abrechnung abschaffen!“
  • Aufsätze und Broschüre zur Vormundschaftsreform
  • Regierungsentwurf des KJSG ist da!
  • Kurzinterviews zur Vormundschaft jetzt auf der Website
  • Projekt „Inklusion jetzt!“: Aufsatz zur Vormundschaft
  • Suchen Sie noch ein Geschenk für ein Kind oder eine*n Jugendliche*n?
  • Aktuelle rechtliche Informationen
  • Aktuelle Publikationen
  • Tagungshinweise und sonstige Veranstaltungen

Neuerscheinigung: Kommentierung des Vormundschaftsrechts

Die beiden Vorstandsmitglieder des Bundesforums Vormundschaft und Pflegschaft e. V. Katharina Lohse und Henriette Katzenstein haben gemeinsam mit dem vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Kieß das gültige Vormundschaftsrecht kommentiert, das erst im Laufe des Jahres 2023 durch die geplante Reform abgelöst wird. Die Kommentierung erscheint in der 4. Aufl. des NOMOS-Kommentar zum BGB: Familienrecht, Band 4, §§ 1297 – 1921 BGB, 2021, 3.240 S., geb., 198 Euro. Für Vormund*innen ist der Band auch deswegen interessant, weil er als weiteren Schwerpunkt das Sorge- und Umgangsrecht enthält. Das Buch soll noch im Dezember erscheinen und kann bereits vorbestellt werden.

ForumTransfer: „Die Kinder- und Jugendhilfe muss während des Lockdowns offen bleiben!“

Mehrere Einzelpersonen und Organisationen aus Forschung, Praxis und Fachpolitik fordern in einem Aufruf, dass die Kinder- und Jugendhilfe während des Lockdowns weiterhin Angebote bereithält, um die Rechte von jungen Menschen in dieser neuen Phase der Pandemie zu sichern. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie werden begrüßt, jedoch muss die Kinder- und Jugendhilfe aktiv auf Familien zugehen und Unterstützung anbieten. Kinder und Jugendliche brauchen kinder- und jugendgerechte Räume und soziale Beziehungen. Um das auch während des Lockdowns zu gewährleisten, braucht es in Einrichtungen und sozialen Diensten geeignete Konzepte, digitale Kommunikationsformen, genügend Corona-Tests und finanzielle und personelle Unterstützung, um die Angebot aufrechtzuerhalten.
Die Seite ForumTransfer ist sehr zu empfehlen. Hier finden Sie hilfreiche Informationen zur Corona-Pandemie für die Kinder- und Jugendhilfe.

Wiederholung: Seminar zur Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren

Nachdem sich sehr viele Interessierte für die Fortbildung zur Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren am 10.02.2021 angemeldet haben, bietet das Bundesforum am 23. Februar 2021 eine Wiederholung an. Das Seminar wird online von 10 - 13 Uhr stattfinden. Den Webex-Link erhalten Sie Anfang Februar 2021. Bei Interesse können Sie sich gerne bereits über info@vormundschaft.net anmelden.

Kurzinterview mit Berufsvormund Dieter Reuter-Spanier: „Minutengenaue Abrechnung abschaffen!“

Bundesforum: Lieber Herr Reuter-Spanier, inwiefern unterscheidet sich Berufsvormundschaft von anderen Formen der Vormundschaft?
Reuter-Spanier: Mein Eindruck ist, dass ich als Berufsvormund handlungsfähiger und unabhängiger bin. Ich habe keine Loyalitätskonflikte, wie wir das bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Jugendamt als Leistungsträger und Amtsvormund*innen kennen. Allerdings habe ich aber wenig Möglichkeit, mich kollegial auszutauschen. Ich habe mir eine Supervision organisiert, die ich aber selbst zahlen muss.
Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und den Familiengerichten?
Reuter-Spanier: Es ist von Jugendamt zu Jugendamt, teilweise auch von Fachkraft zu Fachkraft, sehr unterschiedlich. Von einer guten kollegialen Zusammenarbeit bis hin zu Auseinandersetzungen vor dem Verwaltungsgericht, ist mir alles schon begegnet. Ich versuche jedoch Auseinandersetzungen vor dem Verwaltungsgericht nach Möglichkeit zu vermeiden, weil das in der Regel nicht im Interesse der Kinder und Jugendlichen ist, aber die Möglichkeit muss ich als Vormund*in haben. Die Zusammenarbeit mit den Familiengerichten gestaltet sich sehr gut. Ich kenne tatsächlich auch einige Familienrichter*innen die sagen: „Ich bestelle nur noch Berufsvormund*innen.“, auch wenn es für Familienrichter*innen manchmal einfacher ist, das Jugendamt zu bestellen, weil sie bei Berufsvormundschaften die Vormund*innen persönlich kontaktieren müssen, um den Fall zu schildern.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden sie sich als Berufsvormund wünschen?
Reuter-Spanier: Ich wünsche mir, dass sich die Finanzierungsgrundlage im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) ändert. Mir geht es nicht vor allem darum, dass der Vergütungssatz steigt. Die Rahmenbedingungen sollten sich aber ändern. Zum Beispiel sollte der Aufwand vermieden werden, der entsteht, wenn ich minutengenau abrechnen muss. Ich hatte eine Zeit lang 5 Minuten meiner Arbeitszeit auf- oder abgerundet und in einem Fall kam plötzlich die Rechtspflegerin auf mich zu und sagte mir, dass ich das abändern müsse. Der Bezirksrevisor bestehe darauf, dass minutengenau abgerechnet wird.

Aufsätze und Broschüre zur Vormundschaftsreform

Das Bundesforum plant eine Broschüre zur Vormundschaftsreform, die es Jugendämtern, Vereinen und Einzelvormund*innen erleichtern soll, sich auf die neue gesetzliche Situation vorzubereiten. Einige der vorgesehenen Aufsätze sollen in Absprache mit dem Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) teils in DAS JUGENDAMT veröffentlicht werden oder sind bereits erschienen. In Heft 11 berichtet Birgit Hoffmann, was auf die Jugendämter zukommt, in Heft 12 Dr. Heike Berger und Simone Patrin, welche Neuerungen für die Vereine relevant sind. Die Handreichung wird dagegen erst nach der Verabschiedung der Reform 2021 herauskommen und durch eine Synopse, Praxishinweise und weitere Aufsätze ergänzt werden. Bei Interesse können Sie sich unter info@vormundschaft.net für den Bezug der gedruckten Broschüre schon vormerken lassen.

Regierungsentwurf des KJSG ist da!

Das Bundeskabinett hat am 2. Dezember den Regierungsentwurf für das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen und das BMFSFJ hat eine Pressemitteilung dazu veröffentlicht. Das Gesetz enthält einen Fahrplan zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe, stärkt in mehreren Punkten die Beteiligung und Selbstorganisation von Kindern, Jugendlichen und Eltern und enthält verschiedene Regelungen zum verbesserten Schutz von Kindern. Der Gesetzentwurf ist von den Fachleuten insgesamt positiv aufgenommen worden, wenn auch einzelne Regelungen deutlich kritisiert werden (siehe Stellungnahme des Bundesforums).
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit hat eine Synopse erstellt, die auch die Änderungen vom 24.11. beinhaltet.

Kurzinterviews zur Vormundschaft jetzt auf der Website

In den letzten Infobriefen hat das Bundesforum immer ein Kurzinterview mit interessanten Menschen aus der Vormundschaft oder ihren Schnittstellen geführt. Durch die Kurzinterviews gewinnen die Leser*innen einen Einblick in die Perspektiven von Menschen, die zum Beispiel als oder mit Vormund*innen arbeiten, zur Vormundschaft und Pflegschaft forschen oder selbst eine*n Vormund*in hatten. Die bisher veröffentlichten Kurzinterviews finden Sie nun gebündelt auf unserer Website unter Projekte und Publikationen.

Projekt „Inklusion jetzt!“: Aufsatz zur Vormundschaft

Im aktuellen Newsletter des Projekts „Inklusion jetzt!“ finden Sie einen Aufsatz von Robin Loh und Henriette Katzenstein zur Vormundschaft. Für das Projekt und eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe ist die Vormundschaft von Interesse, schließlich sind einige Vormund*innen auch für Kinder oder Jugendliche mit Behinderungen zuständig. Eine künftige Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe statt der Eingliederungshilfe wird die Arbeit der Vormund*innen in diesen Fällen erleichtern. Andererseits werden weiterhin Schnittstellen bspw. zum Gesundheitswesen, aber auch die innerhalb des Jugendamts zum ASD und diejenigen zu den Einrichtungen und Pflegepersonen bedeutsam bleiben. Der vorliegende Aufsatz nimmt das Verhältnis von Vormundschaft und ASD sowie dem Gruppen- und Familienalltag in Einrichtungen und Pflegefamilien in den Blick.

Suchen Sie noch ein Geschenk für ein Kind oder eine*n Jugendliche*n?

Das Bundesforum empfiehlt für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren den Mutmacher Kalender von Klückskinder und für Jugendliche und junge Volljährige den Abreißkalender In 100 Schritten in ein selbstbestimmtes Leben des Kinder- und Jugendhilferechtsvereins Dresden.
Jeden Monat berichtet ein Careleaver im Mutmacher Kalender von seinen Erfahrungen in der Jugendhilfe und seiner Zeit danach. Hierdurch motivieren die Klückskinder junge Menschen aus der Jugendhilfe, ihren Träumen nachzugehen und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Der Kalender eignet sich auch gut, um als Vormund*in mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Ideen für die Arbeit mit dem Kalender
Der Abreißkalender des Kinder- und Jugendhilferechtsvereins Dresden wurde von Jugendlichen für Jugendliche erstellt und eignet sich insbesondere für junge Volljährige, die kurz vor dem Auszug stehen. Eine gute Übergangsgestaltung braucht Zeit und Begleitung und genau das soll der Kalender bieten. In 100 Schritten erhält der junge Mensch Tipps und Hinweise, aber auch Rezeptideen und motivierende Worte für diese entscheidende Lebensphase.

Aktuelle rechtliche Informationen

Bei Vollmacht des Jugendamts ist Passivität der sorgeberechtigten Eltern allein kein Grund für Sorgerechtsentzug

OLG Oldenburg, 10. November 2020 - 13 UF 33/20
Im Falle einer Mutter, die dem Jugendamt eine umfassende sorgerechtliche Vollmacht gegeben hat und deren Kinder in Pflegefamilien leben, hat das OLG Oldenburg entschieden, dass Passivität und Desinteresse der Mutter keinen Grund darstellen, ihr das Sorgerecht zu entziehen. Auch dass die Mutter den Wunsch eines Kindes nach Namensänderung und Taufe nicht unterstützt hat, rechtfertigt nach Auffassung des OLG einen Sorgerechtsentzug nicht, da eine Kindeswohlgefährdung dadurch nicht gegeben sei. Der Fall unterscheidet sich laut dem OLG daher deutlich von einer Entscheidung des Bremer OLG vom 05.01.2018 - 4 UF 134/17, in der es um einen Fall ging, in dem ein Vater die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und den Betreuer*innen torpediert hatte.

Kommentar: Zwar kann die Erteilung einer Vollmacht an das Jugendamt eine Entziehung der elterlichen Sorge überflüssig machen. Eine Vollmacht entlässt einen Elternteil jedoch nicht aus der elterlichen Verantwortung. Es darf bezweifelt werden, dass eine Mutter, die sich gegenüber ihren Kindern desinteressiert und passiv verhält, ihre elterliche Verantwortung ausübt. De facto ergibt sich die Situation, dass die elterliche Sorge in höchstpersönlichen Angelegenheiten wie bei einer Namensänderung gar nicht mehr ausgeübt werden kann.

Fixierung erfordert Eins-zu-Eins-Betreuung

OLG Hamburg, 17. November 2020 - 2 UF 101/20
Im tragischen Fall einer 17-jährigen Patientin mit schwerer psychischer Erkrankung und mehrfachen Suizidversuchen sowie fremdgefährdenden Handlungen hat das hamburgische Oberlandesgericht festgestellt, dass bei einer familiengerichtlich zu genehmigenden Fixierung gemäß § 1631b Abs. 2 BGB grundsätzlich eine „Eins-zu-Eins Betreuung durch pflegerisches oder therapeutisches Personal“ erfolgen muss. Eine „stetige Erreichbarkeit des Personals“ genügt nicht. Zudem muss ein Arzt oder eine Ärztin jede einzelne Fixierung anordnen.

Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

In der Drucksache 19/24445 finden Sie den Gesetzentwurf, der am 26.11.20 im Bundestag beraten wurde. Auf den Seiten 505 ff. finden Sie auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, auf die das Bundesforum in seiner Nachricht vom 5. November 2020 hingewiesen hat. Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts soll voraussichtlich Ende Februar verabschiedet werden, aber erst 2023 in Kraft treten.

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts

In seiner Pressemitteilung vom 11. Dezember 2020 weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass für die Berechnung des Kostenbeitrags bei jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe gegenwärtig das durchschnittliche Monatseinkommen des Vorjahres maßgeblich ist. Im Urteil vom 11. Dezember 2020 (BVerwG 5 C 9.19) hat das BVerwG die Revision des Jugendamtes zurückgewiesen, da der Kostenbeitragsbescheid rechtswidrig gewesen sei.

Aktuelle Publikationen

Pressemitteilung des SkF Gesamtvereins

Neben vielen Änderungen in der Vormundschaftsreform, die der Sozialdienst katholischer Frauen begrüßt, wird kritisiert, dass zukünftig nicht mehr der Vormundschaftsverein als Vormund*in bestellt werden kann.
Zur Pressemitteilung

Beteiligung und Schutz von jungen Menschen in den Erziehungshilfen

Auf der Seite DIEBETEILIGUNG.DE finden Sie hilfreiche Informationen zu den Themen Beteiligung und Schutz in den Erziehungshilfen. Für Vormund*innen lohnt sich ein Blick in die Praxismaterialien. Hier finden Sie Bücher, Filme und Arbeitshilfen.

Jugendamts-Monitor – Unterstützung die ankommt

Der Jugendamtsmonitor, herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, enthält viele nützliche Informationen zur Behörde Jugendamt, auch Grundlegendes zu den Vormundschaften und steht kostenlos zur Verfügung. Die Aufgaben, der Aufbau, die Geschichte und auch das Personal der Jugendämter werden vorgestellt. Der Monitor ist erschienen im Rahmen der Kampagne Das Jugendamt. Unterstützung, die ankommt. Hier finden sich schon vielfältige Materialien, Broschüren, aber auch Videos zur Arbeit der Fachkräfte in den Jugendämtern. Bisher noch nicht vorhanden: Ein Video zur Vormundschaft und Pflegschaft.

Video zur Vormundschaft auf YouTube

Während die Kampagnenseite (oben) ein Video zur Vormundschaft noch nicht beinhaltet, gibt es jedoch eines zur Vormundschaft im Jugendamt auf YouTube. Es zeigt eindrücklich die Arbeit der Vormund*innen im Jugendamt und bleibt sehenswert, auch wenn aus 2015 stammt.

Tagungshinweise und sonstige Veranstaltungen

Online-Seminar zur Ergänzungspflegschaft im Strafverfahren

23. Februar 2021, 10 - 13 Uhr
Veranstalter: Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft
Anmeldungen unter info@vormundschaft.net.
Der Termin am 10. Februar 2021 ist bereits ausgebucht.

Deutscher Kinder- und Jugendhilfetag

18. - 20. Mai 2021, Essen
Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ)
Das Bundesforum wird, wenn es die Coronalage erlaubt, mit einem Stand, einer Veranstaltung zur Reform und einem Workshop zur ehrenamtlichen Vormundschaft und Pflegekinderhilfe vertreten sein.